1238 - 1945
Die Chronik
des Altmärker
Kirchendorfes Rochau
(von
Pastor Machmüller 1946)
I.
Entstehung der Altmark und der Kirche
Zur
Eiszeit hatte Mitteldeutschland das Aussehen von Grönland. Ein dicker Eismantel von hunderten von Metern
lag über dem deutschen Tiefland bis Dresden. Allmählich stiegen die eisigen
Temperaturen, die Gletscher wichen nordwärts zurück, langsam bedeckte ein
Pflanzen- und Baummantel die erwärmte Erde. Eisfüchse und Renntiere bevölkerten
zuerst das Altmärker Urgebiet. Es war Steppenlandschaft. Über Forstbüschen
ragten Birken, Eschen, Hainbuchen und Haselnuß; in Mooren wuchsen die Erlen.
Von
den ältesten Bewohnern dieser Landschaft geben die Hünen - und Steingräber
Kunde. Sie enthalten Funde von der Steinzeit an und beweisen, daß die damaligen
Bewohner zur Indo- Europäischen Völkerfamilie gehörten
und schon vom Nomadentum zur Seßhaftigkeit sich entwickelt hatten. Auch die
Bewohner der letzten vorgeschichtlichen Menschheitsgewinde der Eiszeit, waren
Germanen, vom Stamm der Langobarden. Sie wurden im Rahmen der Völkerwanderung
von Sachsen verdrängt. Kaum waren sie in das verödete Land vorgedrungen, als
die über die Elbe westwärts vorstoßenden Wenden sie verdrängten.
Da
beginnt Germanien sich dem Christentum zu erschließen und taucht aus dem
Dämmerlicht der Vorzeit in das helle Licht der Geschichte. Eine mächtige
Bewegung war das Christentum. Es nahm den Kampf mit dem Heidentum auf.
Um
929 begann der Wendenkrieg. Harte Kämpfe umtobten die Burg Walsleben, das zu
König Heinrichs Zeit.
Am
29. Juni 983 brach ein neuer Wendenaufstand aus. Von Brandenburg an der Havel
quer durch die Altmark bis Kalbe an der Milde brannten Wenden alles nieder. Die
Heere des Erzbischof Gisiler von Magdeburg und Bischof Hilliward von
Halberstadt stärkten sich an einem Sonntagmorgen durch Teilnahme an der
heiligen Messe und stürmten dann getrost den 30 Heeresabteilungen der Wenden
entgegen und hieben sie so zusammen, daß nur ein schwacher Überrest entkam.
Kaiser
Otto III. ließ zum Schutz auf den Elbhöhen die kleine Stadt Arneburg
befestigen. Durch neue List drangen am 2.06.998 die Wenden in die Stadt und
Burg ein, brannten und plünderten sie. Erst König Heinrich II. ließ die Burg
1005 erneuern. Im Herbst 1012 schloß er daselbst einen Friedensvertrag mit den
Wenden. Aber noch blieb dieses Slavenvolk unruhig. 1033 wurde Graf Lüdeger mit seinen Mannen bei Werben erschlagen. 1056 in der selben Gegend Wilhelm, Markgraf der Nordmark.
Erst
Albrecht der Bär stellte um 1160 Ruhe und Ordnung in der Altmark her, bezwang
die letzten Aufrührer, trieb die Wenden ostwärts zurück und kolonisierte das
entvölkerte Land mit Holländern, Seeländern und Flamen. Die Kirchen wehrten
sich, ebenso die Ortschaften auf dem Lande. Das christliche Germanentum hat die
Kraft des slawischen Wendentums gebrochen. Die Wenden verschwanden oder gingen
im Germanentum auf.
Albrecht
der Bär verlieh auch 1151 dem Dorfe Stendal das Stadtrecht. Bald danach wurden
die Dörfer Schadewachten und um 1300 das Dorf Wusterwusch mit der
Petrikirche eingemeindet und das Ganze
mit einer starken Mauer umwehrt. Die Stendaler Gegend wurde damals „Gau
Belsheim“ genannt. Im Norden des Kreises Stendal stammte aus der wendischen Zeit das Dorf
Rochau, an ihn grenzend lag das deutsche Dorf Schwarzenhagen, von ihm östlich,
800m ab, das Dorf Wittenhagen. 1375 wurde es Wittehagen geschrieben, war
Pfarrdorf und hatte eine eigene Kirche. Es war 20 Hufen groß und daran waren 2
Hufen Pfarrhufen. Um 1450 war es schon vollständig verwüstet und in
Schwarzenhagen aufgegangen.
Um
das Jahr 1230 ist die alte Rochauer Feldsteinkirche mit Turm, Kirchenschiff,
Hochchor und Apsis erbaut. Die alte Schreibweise von Rochau war 1238 „Rocgawe“,
1375 „Rochau“. Es war 25 Hufen groß, davon 9 Pfarrhufe. Es wohnten darin die
Herrn von Rochow. In ältester Zeit war das Dorf im Besitz des reichen Ludgeri -
Kloster in Helmstedt. 1238 hatte der Graf Siegfried zu Osterburg vom
Helmstedter Kloster diesen Ort zu Lehn und gab ihn an den Abt Gerhard zu Werben
und Helmstedt ab. 1301 - 1314 war Heinrich von Rochow Voigt in Stendal und
bezog einen Teil seiner Einkünfte von der sogenannten „Rochowschen Hufe“ in
Rochau.
In
jenen Jahrzehnten war die Altmark ein Tummelplatz von Räubern und Raubrittern.
Um 1350 durchzog ein berüchtigter Räuber mit Namen Teufel, von der Mark her die
Altmark. Er plünderte und mordete ohne Scheu. Der Stadthalter Markgraf Ludwig
der Römer konnte seiner nicht habhaft werden, weil die Stadt Salzwedel ihn
schützte. In dieser Zeit wurden die Herrn von Rochow ihren Besitz in unserem
Dorf langsam los. Herr Wichard von Rochow verkaufte in Geldnöten am 22.07.1353
dem Knappen Claus von Vinzelberg für ein Maß Silber den achtel Teil von Rochau.
Im Jahr darauf gerät Herr Wichard bei Raubritterkämpfen in Gefangenschaft. Mit
24 Maß Silber mußte er sich freikaufen. Um diesen aufzubringen, verkaufte er an
Claus von Vinzelberg weitere Anteile an Holz und Getreidepächtern von seinem
Schulzenhof in Rochau. Nach 1386 wurden Anteile aus Rochau an Lüdecke von
Vinzelberg verkauft. 1377 schenkte Kaiser Karl der IV. dem neugegründeten
Domstift in Tangermünde Landbesitz aus unserem Dorf. Außerdem hatten der Dom
aus Stendal, die St.Marienkirche und das St.Annenkloster dort Einkünfte von
hier.
In
katholischer Zeit hatte die hiesige Kirche Einkünfte von den Altären
St.Salvators und „beatac virginis“ und vom Lehen St.Johannis des Täufers. Auf
diese damaligen Altäre weisen wohl heute noch die Holzfiguren unseres Altars,
in der Mitte Jungfrau Maria mit dem Christkind auf dem Arm, hin. Oft mögen in
jenen mitteralterlichen Jahren die armen, gequälten und bedrängten Rochauer
Zuflucht bei den Altären ihrer Heiligen gesucht haben. 1347 herrschte der
schwarze Tod, die schwarze Pest. Als die einheimischen Heiligen das furchtbare
Sterben nicht aufhalten konnten, wallfahrten Pilgerzüge nach Bismark. Dort war
in der damaligen Marienkirche, deren Turmruine heute „Die goldene Laus“ heißt,
wohl von dem lateinischen Goldbuchstaben „Laus Die“ - Gottes Lob hergeleitet,
ein heiliges Kreuz, das nach der Legende vom Himmel gefallen sein soll. Man
erzählt, das dort viele Zeichen und Wunder Geschehen
wären. Die Straße von der Stadt bis zur Marienkirche hieß „Der heilige Weg“.
Die Pilger rutschten zum Kreuz auf allen Vieren oder auf den Knien betend diese
Strecke.
1425
war ein sehr gelinder Winter, das schon um Lichtmeß,
am 2. Februar, die Obstbäume in Blüte standen. Da zerriß die Elbe den Deich bei
Hämerten und setzte sogar die Stadt Stendal unter Wasser. Die Uchte und ihre
Nebengräben glichen Seen. Es soll in der Marienkirche noch eine Marke existieren,
die anzeigt, wie hoch das Wasser im Kirchenschiff gestanden hat.
Die
im Ausgang des Mittelalters größte Verkaufsader war die sogenannte Salzstraße
von Salzwedel über Stendal nach Tangermünde. In ihrer Umgebung waren
Raub-überfälle an der Tagesordnung. 1417 überfielen die Raubritter Rudolf von
Gartenbüttel, Johann und Berthold von Oberg bei nachtschlafender Zeit die
Dörfer Schäplitz, Kläden, Badingen und Garlipp und brandschatzten sie. Unter
Erzbischof Günter von Magdeburgs Geleit wurden Stendaler Bürgern durch Ritter
Gebhart von Parey 2 Faß Heringe und 5 Tonnen Honig fortgenommen. Hinwieder der
Erzbischof nahm dem Stendaler Bürger Ledge ein Faß Wein fort.
Da
bekamen die Hohenzoller die Mark und die Altmark. Kurfürst Friedrich I. Ging
scharf gegen die Raubritter vor. Aber
noch unter seinen Nachfolgern, dem Kurfürst Albrecht Aihilles mußten auf dem
Landtage von 1484 Klagen von Freunden über Räuberei, Plackerei und
Beschädigung, die mit gewaltsamer Wegnahme, Mord und Brand in der Altmark geübt
wird, abgestellt werden: „Es ist seiner Gnaden unleidlich, daß jemand aus
fernen Landen bis hierher soll ungeplackt kommen und noch hier beraubt werden
soll! „
Am
23.04.1488 kam Kurfürst Johann Cicero von Stendal nach Osterburg an Rochau
vorüber geritten, in seinem Gefolge der Bischof von Havelberg, viele Grafen und
Ritter. Er hatte Unruhe und Empörung in Stendal und Osterburg zu bestrafen. Aus
jenen Jahren befindet sich im hiesigen Pfarrarchiv eine Abschrift der Urkunde,
durch welche Phillipp von Vinzelberg von seinem Wittenhagener Besitz „zehn
Hufen Landes mit Wischen und Holzungen, so vorstehen vor dem Dorfe Groß
Schwechten“ in ewigen Erbpacht „den bescheidenen und gemeinen Bauern zu
Schwarzenhagen“ abgibt. Diese Urkunde ist gegeben „nach Christi Geburt 1493 am
Tage George Märtyrer“. Wir erfahren daraus die ersten Bauernnamen des
Kirchspiels: Joachim Franzhöfer, Hein Jarchau, Hein Heinickes, Jürgen
Hünemörder, Wernecke Plötze, Hans Drewendt, Hein Uwalda, Heinrich Amelung,
Strauer Franzhöfer
Der
Hünemörder Hof ist von da ab noch 400 Jahre in derselben Familie geblieben.
II.
Die Reformationszeit
Die
Altmark neigte sich schon früh der Lehre Luthers zu. Am Ausgang des
Mittelalters traten immer mehr die Mängel der Katholischen - Päpstlichen Lehre
zutage. Ein alter Chronist schreibt über jene Tage: „Luthers Lehre verbreitete
sich über die Altmark wie ein erquickender Sonnenstrahl. Die Fürsten erhielten
durch Abschaffung der päpstlichen Herrschaftsgelüste erst jetzt ihren ganzen
Glanz. Das Volk wähnte frei geworden zu sein, indem einige Lasten von seinen
Achseln gewälzt wurde. Die Pforten der Seligkeit
schienen ihm geöffnet“.
Eine
Reihe Altmärker studierte an Luthers Universität Wittenberg. Durch sie wurde
Luthers Lehre in ihrer Heimat bekannt. Stendaler Bürger hatten reformatorische
Schriften in niedersächsischer Sprache im Besitz, auch Ausgaben von Teilen der
Lutherbibel.
Aber
die Bürger hielten sich wegen der Abneigung des Kurfürsten Joachim I. gegen die
Reformation zunächst vorsichtig zurück. Da brachten einige wandernde
Tuchmachergesellen und Schuster öffentlich die neue Lehre nach Stendal. Ein
Mönch aus dem städtischen Franziskanerkloster, Lorenz Kuchenbecker, stand als
Reformator auf. Von der Kanzel rief er den Handwerksgesellen zu, Luthers neue
Lieder zu singen. „Wer et kann, der heve an; ick kann et nich!“ Und da sangen
die Gesellen an diesem St.Annentage, den 26.Juli 1530, in der Kirche des
Klosters die lutherischen Kampflieder. Dann sang die Gemeinde sie nach und bald
ertönten sie auch auf den Straßen, in den Werkstätten und Herbergen.
Kur-fürstliche Räte suchten diese Volksbewegung zu unterdrücken. Es gelang
ihnen nicht. Da kam der Kurprinz mit 1000 Reitern in die Stadt; er nahm blutige
Rache, sechs angesehene Evangelisten, darunter der Stadthauptmann Matthias
Schönwald, wurden in der Alten Dorfstraße öffentlich
enthauptet. Es gehörte damals zu den Gewohnheiten der katholischen Kirche, Blut
zu vergießen. Ketzer die nicht mit dem Worte zu überwinden waren, mußten ihr
Leben lassen. Aber die Bewegung der Reformation war nicht zu dämpfen. Der
katholisch gebliebene Kurfürst Joachim I., der durch seinen öfteren Aufenthalt
in Stendal der Stadt viel äußeren Glanz gebracht, starb in der Stadt am 11.
Juli 1535. Mit Ihm ging der fürstliche Glanz in Stendal zu Ende, und das
Morgenrot der Reformation stieg siegenhaft über die Türme des Doms, der
Marien-, Petri- und Jacobikirche. Es gab schon zuviel heimlich Evangelische. Im
Frühjahr 1538 kam der evangelische Kurfürst von Sachsen und Luthers Freund durch
Stendal gereist. Sein ihn begleitender evangelischer Pfarrer und Intimus von
Luther, Dr. Justus Jonas, hielt am Sonntag Okuli, den 24.März auf der Kanzel
der Marienkirche vor seiner sehr zahlreichen Hörerschaft die erste evangelische
Predigt. Sie machte einen gewaltigen Eindruck. Der Rat der Stadt wandte sich
nun öffentlich an Luther. Der sandte seinen Freund Dr. Konrad Cordatus selber
nach Stendal. Er war aus Wien gebürtig. Luther sagte von ihm: „Wenn ich ins
Feuer gehen müßte, so geht Dr. Pommeranus mit bis an die Flamme, aber Cordatus
kommt mit hinein“.
Dieser
Gottesmann wurde der Reformator des Stendaler Kreises und der Altmark.
Am
30. Oktober 1539 wurde das evangelische Abendmahl in Stendal zum 1. Mal in
allen Kirchen ausgeteilt. 2 Tage später bekannte sich der Sohn Joachim I., der
brandenburgische Kurfürst Joachim II. auch zur neuen Lehre. Dr. Cordatus
übernahm das Dompfarramt und Stendal bekam an allen Kirchen evangelische
Pfarrer. Leider starb 1546 Cordatus schon.
1551
wurde in der Stadt ein Altmärker Konsistorium eingerichtet. Der erste Leiter
desselben wurde Generalsuperintendent Dr. Joh. Lüdecke. Auf einer
Visitationsreise im selben Jahr wurden die kirchl. Verhältnisse auch auf den
Dörfern evangelisch neu geordnet.
Werfen
wir einen Blick in die nun auch evangelisch gewordene Rochauer Kirche.
Litaneien und Meßgesänge sind verstummt. Aber die Lieder der Reformation
erklingen, schlicht und einfältig werden die Evangelien in der Predigt
ausgelegt. Jugend und Erwachsene lernen eifrig die 5 Hauptstücke des
Katechismus, denn der Pfarrer fragt sie in Nebengottesdiensten ab und erklärt
ihre Bedeutung für das Leben des wahren lutherischen Christen. Die
unverständlichen lateinischen Worte sind verklungen. Jeder kann mit seinem
Herrgott in der Muttersprache reden.
Es
ist Reformationsfest. Stehend singt die kleine Dorfgemeinde „Ein feste Burg ist
unser Gott“. Die Alten aber gedenken vergangener Jahrzehnte, da die liebe alte
Feldsteinkirche mit ihren trutzigen Mauern, die teilweise 2 Meter Stärke haben,
ihnen manchmal eine feste Burg gewesen ist. In den Nächten flammte der Horizont
blutig rot. Räuberbanden waren in der Nähe. Aus den Schallöchern des Turmes
hielt man Ausschau. Rückte ein mächtiger Feind näher, so flüchteten die
Einwohner mit der wertvollsten Habe in die Kirche. Es gab nur kleine, niedrige
Eingangstüren. Aus starken Eichenbohlen waren sie mit Eisen beschlagen. Der
starke Riegelbalken wurde vorgelegt. Schmal waren damals die Kirchenfenster. So
konnten sie leichter verteidigt werden. Der Feind nahte. Tapfer hieben die
rüstigen Bauern mit Morgenstern und
Äxten drein. War der Gegner zu stark, zogen sie sich kämpfend in die
Kirchennähe zurück. Zwei Herrenhöfe, der des Geschlecht derer von Vinzelberg,
südlich der Kirche, und der andere Patronatshof, der westlich stand, waren mit
guten Mauern wehrhaft ausgebaut. Auf dem westlichen wurde hartnäckig gekämpft.
Angstvoll lauschten die Frauen, Greise und Kinder in der Kirche aufs
Kampfgetöse. Eine Wache stand an der schmalen Turmtür, die auf der Westseite
des Turmes in etwa 7 Meter Höhe zum Patronatshof hinaus ging. Der Turm hatte
unten keinen Eingang. Nur diese Tür in der Höhe stand offen. An mächtigen
Eichenriegeln, von denen einer neben der Turmuhr noch erhalten ist, konnte eine
Leiter herabgelassen werden. Auf ihr klommen die der Übermacht unterliegenden
streitbaren Bauern in den Turm. Nach dem Letzten wurde die Leiter aufgezogen.
In der alten Wehrkirche waren nun alle geborgen. Mit Spießen wurden an den
schmalen Fenstern die Angreifer abgewehrt, bis die aus Nachbarorten
herbeigerufenen Hilfskräfte nahten. Sie griffen die Mordbanden an, die Bauern
aus der Kirche machten einen Ausfall und halfen mit, die Buschräuber
niederzuzwingen. Viel Blut hat der Rochauer Kirchhof in den vergangenen
Jahrhunderten getrunken....
So
sannen die Alten und kräftig brause auf das Kampflied Luthers: „Wenn die Welt
voll Teufel wär ...“
Im
Jahre 1614 wurde das Gut Kökte, das dem Rochauer Patron Henning von Kökte
gehöhrte - es war der Hof westlich des
Turms - von Oberjägermeister von Roth gekauft. Er und seine Nachkommen hatten
das zweite Patronat unser Kirche lange inne.
Der
Kirchhof mußte damals sehr groß gewesen sein. Auf ihn stand das
Pfarrhaus auch die Küsterwohnung. Von der Reformatorischen Kirchenordnung her
waren in den Kirchenorten auch die ersten Schulen als Kirchschulen angeordnet
und eingerichtet worden.
In
stillen Jahrzehnten lebte unsere Gemeinde in Ruhe und Frieden; der Wohlstand
des Dorfes hob sich, auch die allgemeine Sittlichkeit. Die Kirche war das
Gewissen des Dorfes.
III. Aus der Martikel von 1600
Der
Pfarrer hatte ein Pfarrhaus, eine Hufe in der Rochauschen Feldmark, dazu von
einem alten Lehn noch neun halbe. Von Schwarzenhagen und Wittenhagen, deren
Kirche wüste liegt, 2 wüste Hufen, Wiese und Holz. An Einwohnern werden
genannt; Aus Rochau: Der Dorfschulze Hans Wolter, der Krüger Hans Karstedt, die
Bauern: Hans Schlane, Bodo Wernickens, Hans Niepage, Heinrich Kerstens, Gorger
Kleinau, Merten Mechow, Friedrich Juen, Andreas Schulze, Hans Gyse, Jacob
Begge, Steffen Lungen, Achim Kerkow, Achim Mechow.
An
Erwachsenen Einwohnern halten sich 120 zum Heiligen Abendmahl, zu Ostern gibt
jeder Haushalt 2 Pfennige dem Pfarrer, 4 Hühner erhält er von Rochau, 4 von
Polkau; jeder Hüfner muß jährlich zu Weihnachten 1 Brot und eine Wurst geben,
zu Ostern 12 Eier, jeder Kossath sechs.
Zum
Altardienst des Pfarrers gehören: 1 Maßgewand von Leibfarben, 2 Rochel und 2
Alben. Das Pfarrkapital beträgt 38 M. Barschaft, das im Dorf auf Zinsen
ausgeliehen ist, bringt 8 Gulden jährlich.
Ferner
geben an Gebühren: Iorer Ludecke 10 Schilling, ebenso Hans Mahler, CH. Schulze
5 Pfund Wachs und ein Rochhuhn. Arndt Schmidt 5 Schilling, Hans Bage ½ Pfd. Wachs, Hans Schwedt, der Müller von
Gottes Hausland 1 Pfd. Wachs, der Dorfschmied 1 Pfd. Wachs und ein Rochhuhn;
Christopf Grabow 3 Schilling; von Schwarzenhagen halten sich 30 Erwachsene zum
Heiligen Abendmahl, Weihnachtsbrot und Wurst nebst Ostereier wie die von
Rochau.
Der
Küster hat ein eigenes, neues Küsterhäuslein, bekommt zu Weihnachten Brot und Wurst
wie der Pfarrer, vom Hüfner 4 Eier, vom Kossath 2 Eier zu Ostern, ferner auf
Johanni einen Käs und ein Brot, hat Land zu 7/4 und dritthalben Scheffel
Aussaat, bekommt ferner 29 Scheffel Korn und 19 Schilling als Geld. Von
Schwarzenhagen dazu 9 Scheffel Roggen, alle Jahr 1 Fuder Holz, Eier, Brot und
Wurst wie zu Rochau.
IV.
Der Dreißigjährige Krieg
Das
Evangelium des 2. Adventsonntags steht bei Lukas 21,25. Im Jahr 1618 hatte an
diesem Tage der Rochauer Pastor besonders beweglich über diesen Vers gepredigt:
„Und es werden Zeichen geschehen an Sonne, Mond und Sternen, und auf Erden wird
den Menschen bange sein, und sie werden zagen“. Eiskalt war es im Gotteshaus,
Eisblumen bedeckten drei Fenster, der Atem stand vor dem Mund. Aber die Zuhörer
überlief es so heiß. Denn ihnen war bange. Es sollte in Böhmen ein Krieg
ausgebrochen sein. Und sie zagten. Denn allabendlich - der Bürgermeister
Andreas Ritner zu Tangermünde hat es aufgeschrieben - , schickte Gott einen
schrecklichen Kosmetstern in Gestalt einer feurigen Rute, der etliche Wochen
nacheinander bis Anfang 1619 sich sehen ließ, dessen Wirkung ganz Deutschland
und auch die Kurmark leider wohl erfahren hat. Auch hat sich zwischen dem 11.
und 12. Juni 1619 in der Nacht bei einem schrecklichen Winde ein Erdbeben
verspüren lassen, wo auch Mauern an etlichen Orten eingefallen und starkes
Mauerwerk geborsten. Ferner hat in diesem Jahr die rote Ruhr und Pest sehr
geherrscht.
Die
ersten Kriegsjahre gingen ohne ernste Beschwernisse dahin. Da kam die stille
Passionszeit anno 1626 und brachte die erste Leidenszeit für die Altmark. Im
Februar kam der dänische General Fuchs gezogen mit 3000 Mann. Zuerst
überwältigte er Tangermünde, dann zog er nach Stendal. Es ergab sich, da eilte
Wallenstein mit seinem Herr heran, um die dänischen
Truppen aus der Altmark zu werfen. Die Dänen entwichen ostwärts über die Elbe,
Wallenstein zog sich nach Magdeburg zurück. Gleich kamen die Dänen über die
Elbe zurück in die Gegend Tangermünde. Die rote Ruhr brach aus und raubte
General Fuchs den größten Teil seiner Truppen. Auch aufs Land griff diese
pestartige Krankheit über und forderte unzählige Opfer. Da zog General Fuchs
durch die Altmark in die Lüneburger Gegend. Er fiel in der Schlacht bei Lutter
am Barenberg. Die Dänen verloren hierdurch ihren Einfluß ins deutsche
Kriegsgeschehen seit der verlorenen Schlacht.
Nun
brandschatzten die kaiserlichen Truppen die Altmark. Diese katholischen Heere
glaubten Gott einen Dienst zu erweisen, wenn sie die zur ewigen Verdammnis
bestimmten evangelischen Ketzer schon hier auf Erden einen Vorgeschmack der
Hölle gäben. Es kam Gustav Adolf den Evangelischen zur Hilfe.
Die
Dänen hatten allein an Gold 16 Tonnen aus unsere
Gegend requiriert. Das in den 4 Jahren kaiserlicher Besatzung geraubte Geld und
Gut ist unbeschreiblich hoch gewesen. Die Bauern waren „blutarm“ geworden und
fristeten kümmerlich ihr elendes Leben. Viele zogen mit den Resten ihrer Habe
aus der Altmark fort. Viele Höfe lagen wüst. Im Dorf Uchtenhagen verlor Pastor
Theodor Niete durch die Pest 4Söhne und 4 Töchter, nur ein Sohn blieb von 9
Kindern.
Gustav
Adolf kam im Sommer 1631 bei niedrigen Wasserstand in
einer Furt über die Elbe, unweit Tangermünde. Er hieb die kaiserliche Besatzung
auf der Burg zusammen.
Am
3.Juli kamen die Schweden in unsere Gegend. Am 4.Juli ritt Gustav in Stendal
ein. Am 8.Juli zog sein Heer aus dem Quartier der einzelnen Ortschaften in der
Nähe von Arneburg zu einer Musterung zusammen und zog nordwärts nach Werben
rauf. Er verschanzte die Stadt mit vielen Wällen. Ein Chronist schreibt, daß
da, wo die Schweden durchgezogen waren, im Gebiet von Magdeburg bis Werben, das
ganze Land so wüst geworden ist, daß kaum ein Hund hat sehen lassen dürfen. Da
kam der kaiserliche Feldherr Tilly durch diese kalte Gegend den Schweden
nachgezogen bis Werben und bombardierten das schwedische Lager. Die Schweden
antworteten so tapfer, daß Tilly sich nach Tangermünde zurück zog. Als der
Kreis Stendal ohne alle Lebensmittel war, zog er südlich nach Sachsen ab.
Nach
einer Atempause von 5 Jahren kamen wieder große Truppenmengen des
Schwedengenerals Bauer in die Altmark. 7 Regimenter zu Pferde lagen um Stendal
und Tangermünde. Da kam
am 8.Juni 1636 18 Reiterregimenter kaiserlicher Truppen unter General Hatzfeld
in den Stendaler Kreis eingerückt. Von Tangermünde her flüchteten die Schweden
gen Norden. Die kaiserlichen plünderten grenzenlos. Sie verschonten Alte und
Kranke nicht. Das letzte Vieh wurde fortgetrieben, die letzte Habe
fortgefahren. Gräber wurden durchwühlt, in Walsleben zinnerne Särge
zusammengeschmolzen.
In der Schlacht bei Wittstock am 25.09.1636 siegten die Schweden und kamen
von Werben durch unsere Gegend quer nach Gardelegen gezogen. Hiervon schreibt
der Chronist: „Ich kann nicht die große Trübsal beschreiben, die den armen
Landmann betroffen hat, denn obwohl die Städte durch Einquartierung und
Plünderung hart bedrückt wurden, zum Teil leer waren hat doch der arme Landmann
weder in den Städten, viel weniger in den Dörfer bleiben können. Er hat kaum
sein Leben erhalten können. Was er in Wässern, Morästen oder auf dem Feld in
der Erde tief versteckt gehabt, ist durch Teufelskünste öfters vorgesucht; hat
er in die Stadt etwas mitgenommen, ist es ihm abgenommen. Hat er sich in
dichtes Gebüsch verkrochen, ist er durch Hunde herausgehetzt und erbärmlich
mißhandelt.“
Darauf
schickte Gott eine grausame Pest in die Altmark. Daran viel Tausend Menschen
gestorben sind. Allein in Stendal sind an Bürgern und Flüchtlingen 5000
Menschen umgekommen. Dazu kam eine erschrecklich teure Zeit, wie seit
Jahrhunderten nicht gewesen. Auf dem Lande haben sich wegen der Einquartierung
und Durchzüge keine Lebensmittel mehr befunden. Deshalb haben sich die armen
Landleute mit Klee, Eichelbrot und wildener Wurzel kümmerlich erhalten. Hätte
die Stadt Hamburg nicht geholfen, hätte der Überrest der Menschen Hungers
sterben müssen. 1637 war auch teure Zeit. Das Korn mußte auf Schubkarren und
auf dem Rücken von Salzwedel geholt und bezahlt werden.
1638 nahmen die Kaiserlichen wieder ihren Weg
auf Stendal zu. Obwohl Soldaten einen Taler für Brotstücke boten, war nichts zu
bekommen. Man fraß Hunde, Katzen Pferde und Schweine, wenn sie auch etliche
Tage in Mistpfützen gelegen hatten. Die Gedärme von
stinkenden Aas wurde gekocht und öffentlich feil geboten. Man hatte
erfahren, daß ein Mensch den anderen gegessen, wie dann in Stendal ein Soldat
ertappt ist, der sein eigenes Kind geschlachtet. Lunge und Leber herausgenommen
und gefressen hat, aber doch wegen Mattigkeit bald umgefallen und gestorben.
Die Soldaten gaben den Leuten im Feld oder Dorf schwedische Tränke ein, legten
sie eine Zeit lang an Feuer, steckten sie in Backöfen, hängten sie an den Füßen
auf. Deswegen widersetzten sich viele Bauern und ergriffen ihre Waffen. Am
Drömling, im kalbischen Werer und an der Biese schlossen sie sich zusammen,
wählten sich ihre Offiziere und führten alle Plünderer und einzelne Soldaten.
Vor 10 Bauern flohen schließlich oft 30 Reiter. Darum mußte
General Gallus und sein Herr aus der Altmark über die Elbe abziehen.
Ein andere Chronist schreibt: „ Der Acker
wurde nicht bestellt, man erntete das Wenige, was auf dem Feld bei den vom
Füttern der Pferde zerstreuten Körner aufging. Diese Ernte wurde auf dem
Schubkarren oder Rücken eingebracht. Dazu kam die Pest, Mäuseplage und Raupenfraß.“
Der
alte Ackersmann Elias Arnd aus Bellingen, fast 100 Jahre alt, gestorben 1710
erzählt, daß die Soldaten einen dicken starken Bauer Ebel Reppin aus Bellingen
an der steinernen Brücke bei Bölsdorf geschlachtet und aus Hungersnot
aufgefressen haben.
Das
Dorf Polkern bei Osterburg war ganz ausgestorben. Ein gewisser Tielkorn ließ
sich nach dem Kriege auf seinen alten Familienhof nieder. Ein paar alte
Pferdekrippen war das einzige Gerät, daß er auf seinem
wüstem Hofe vom ganzen Dorf nur vorfand. In der ganzen Umgebung konnte er nicht
eine Frau finden. Er mußte sie aus Hamburg holen. Auch Rochau lag zum größten
Teil am Kriegsende wüste. Pfarrhaus, Küsterei und Kirche waren ausgebrannt.
Brandgeschwärtzt schauten die Schallöcher des Turmes über die in Schutt
liegenden Höfe. Über die Toteneinsamkeit Rochaus und Schwarzenhagens zogen tief
die dunklen Wolken.
V. Pastor Simon Schlehenstein 1670 - 1702
Die
Glocken der Türme von Münster und Osnabrück hatten 1648 den Friedensabschluß
verkündet. Der große Kurfürst befahl eine große Kirchen- und Schulvisitatio in
seinen Landen. Es war eine traurige Reise für die Kommission. Das Ergebnis
niederdrückend. Kirchen und Schulen waren ausgebrannt. Viele Orte entvölkert.
Es gehörte schon der Glaubensmut eines Paulus Gerhard dazu , voll Hoffnung auf
Gottes Hand die Lasten aufgelegt, aber auch tragen hilft, das Werk des Neubaus
zu beginnen.
Der
erste, durch die alten Kirchenregister namentlich erwähnte Rochauer Pfarrer war
Pastor Jordan. Sein Patron Herr von Roth, hatte Landbesitz an der Westseite der
Kirche und nördlich der selben. Einen wüsten Hof gab
er den Pastor als Ersatz für die auf dem Friedhof abgebrannte Pfarre. Es ist
der noch heute bestehende Pfarrhof. Auch die Küsterei- und Kirchschule wurde in
die Achterstraße verlegt und neu errichtet. Es ist das Terrain der heutigen
Dorfschule.
Noch
60 Jahre nach dem 30 jährigen Krieg gab es wüste Höfe im Dorf. Der Wald hatte
seinen Vormarsch auf die Äcker angetreten und war bis ans Dorf gekommen. Zur
Unterstützung der schwer um ihr dasein ringenden Pastoren verfügte der große
Kurfürst: „Weil viele Prediger bei diesen Kriegswehen mit dem Ackerbau nicht
nachkommen können, so werden die Pfarrkinder so noch bespannt seien, auch
Vermögen haben, den selben beispringen und ihm mit Pflügen und Mistfahren in
etwas zu Hilfe kommen, damit sie ihr Anteil desto besser abwarten und nicht nur
in Gedanken bloß auf die Haushaltung und Nahrung zu wenden verursacht werden.“
Pastor
Johannes Jordan starb um 1670. Seine Witwe zog in das damals neu gerichtete
Pfarrwitwenhaus. In das Pfarrhaus zog Pastor Simon Schlehenstein ein. Er war
geborener Stendaler, Ende der vierziger Jahre alt. Fast 20 Jahre war er solange
auf der Pfarrstelle zu Sanne, zwischen Stendal und Arneburg, Seine Frau
Elisabeth, geb. Brandt, hatte ihm 9 Kinder geboren. Besitzer von Sanne war
damals ein Herr von Klötze gewesen. Da er auch Patron
von Rochau war, gab er seinem treuen Pastor nun diese bessere Pfarrstelle hier.
Bald nach dem Umzug wurde ihm in Rochau sein Sohn Samuel am 10.02.1671 geboren,
den er durch seinen Amtsbruder Klehn aus Schinne taufen ließ. Das Kindlein
wurde nur 3 Jahre alt. Paten waren der Junker Otto Erdmann von Vinzelberg und
der Dorfschulze Matthias Drüsedau gewesen.
Die
Nachwelt dankt Pastor Schlehenstein die Anlage des 1. Kirchenregisters. Nach
Höfen geordnet schrieb er nicht nur Taufen, Trauungen und Beerdigungen ein,
sondern auch merkwürdige Ereignisse auf den Höfen.
Er
war ein rechter Mann in der damaligen Zeit, da Sitte und Moral durch die langen
Kriegsjahre stark gelitten, blieb er unbestechliches Gewissen und hatte den
Mut, die Sünden auch Sünden zu nennen und nichts zu beschönigen, um das Übel an
der Wurzel auszurotten. Das mochten viele nicht leiden und rückten vom eifrigen
Seelsorger ab und schikanierten ihn manchesmal. Es reden die
Kirchenbucheintragungen oft von diesen „Priesterfeinden“, die ihm nicht die
Kirchenabgaben zahlten und lieber ihre Angehörigen ohne Leichenpredigt begraben
ließen, weil eine solche 2 Taler kostete, die der Pastor für seine kinderreiche
Familie so nötig brauchte.
Das
damals das Pfarreinkommen nicht zum Studium der Söhne reichte, geht aus einer
Notiz hervor. Als sein jüngster Sohn Samuel starb, schreibt der Pastor: Eben im
selben Herbst bekam ich auch die traurige Post, daß mein ältester Sohn Johann
Lampert, welcher anno 1652 am 10.September zu Sanne geboren, und den ich hatte
das Tuchmacherhandwerk lernen lassen, auf seiner Wanderschaft zu Danzig
gestorben. Gott sei seiner Seele gnädig, Amen.“
Lesen
wir nun Merkwürdigkeiten aus dem alten Rochau, die der Pastor erlebte.
Von
seinen Küstern in der Schule schreibt er:
Anno
1673 den 7. November ist des Küsters Johann Franziskus Schwertfeger Frau
Sibylla übels gestorben und den 12. begraben worden, sie war 75 Jahre. Text der
Leichenpredigt, Hiob: Ich weiß, daß mein Erlöser lebt! Weil auch der alte
Schwertfeger den Küsterdienst nicht mehr verwalten konnte, also ist auf
Michaelis dieses 73. Jahres ein anderer Küster angenommen worden, Namens Hans
Jürgen Steinmetz. Anno 1679 den 25.Oktober abends um 4.00 Uhr ist Margarete
Wolters, des Küster seine Frau, gestorben und den 30. Ohne Leichenpredigt
begraben worden. Soll alt gewesen sein 52 Jahre. Anno 1680 den 27.April
kopuliert (getraut) Hans Jürgen Steinmetz und Anna Kampfen, Jürgen Kampfen
eines Reuters nachgelassenes Hurenkind. Andere sagen ihr Vater soll Jürgen
Krömer gehießen haben. War eine rote und leichtfertige Bestia, wie Hurenkinder
zu sein pflegen. Und dieser falsche Schelm, als er mit solchem Hurenkind Geld
bekam, denn sie soll über 100 harte Reichstaler gehabt haben, da gab er sich
was, also, daß er mich und die Meinigen verachtete, lag im Krug, fraß und soff
und wollte nicht parieren, also daß ich ihn auch endlich auf Michaeli wieder
kassierte. Da hing er sich an viele Priesterfeinde und Feindinnen, auch Faxen
und Zaubergeschmeiß und meinte dadurch den armen Priester zu zwingen; wollte
aber doch nichts helfen, sondern er machte fort und wurde durch seine Gönner
endlich zum Stockmeisterdienst in Stendal befördert. Allda er auch anno 1682 in
der Pacht von Gott seinen Lohn mitsamt seinen Hurenweib bekommen. Gott lasse es
allen Priesterfeinden und Feindinnen, die nicht zu bekehren, also gehen.
Darauf
Adam Stolle, der vor diesem hier auch Küster gewesen, auf Michaelis 1680 den Küsterdienst
auf ein Intarium zu bestellen, wieder angefangen. Und nachdem mir Adam Stolle
anno 1683 den 2. Mai gestorben, als ist noch desselben Jahres auf Johanni Hans
Niemann, gewesener Ackermann in Schwarzenhagen und ein Jahr Küster zu
Späningen, wieder allhier Küster worden, bis er 1730 starb.
Anno
1690 den 7.Januar des Abends zwischen 6.00 und 7.00 Uhr ist Greth Schulzen,
Hans Niemanns Stieftochter - so ein Jahr und 6 Wochen bei mir als Prediger
dieses Ortes gedient, an den Pocken gestorben - war etwa 21 Jahre alt.
Vom
heutigen Wallstabehof:
Des
Hans Nagels Frau Ilse hat sich am 7.Oktober 1671 des früh morgens um 3.00 Uhr am Flachs, so
sie in der Stube drin um den Ofen herum stehen gehabt und angefangen zu
brennen, so sehr verbrannt, daß sie darüber noch desselben Tages des Abends um
7.oo Uhr ihren Geist aufgeben müssen. Die selbe ist
den 11. begraben und ihr eine Leichenpredigt nachgehalten worden. Psalm 42 „Wie
der Hirsch schreit nach frischem Wasser, so schreit meine Seele, Gott zu dir.“
Ihr Alter wußte sie so eigentlich nicht, war etwa 40 Jahre alt.
Von
Fettins Hof:
Den
16.April 1671 ist Katharina Menzendorf, Asmus Schröders Senior nachgelassene
Witwe gestorben und den 20. begraben worden. Asmus Schröder Junior, ihr Sohn geht des Montags, als des
17.Aprils, nach Stendal und gibt vor er wolle daselbst 2 Taler holen, so zur
Beerdigung seiner Mutter sollte angewandt werden. Bleibt aber in Stendal und
versäuft das Geld und kam nicht eher wieder als des Abends des 20. April, da
seine Mutter schon begraben war. Das laß mir einen feinen Sohn sein! Anno 1701,
den 26.Juni, des Nachts zwischen 12. und 1.00 Uhr ist der alte Asmus Schröder
gestorben und auf den 29. ohne Leichenpredigt begraben. Er führte ein böses
Leben mit Schwelgen und Saufen, auch mit Worten sehr schandbar und ärgerlich
der Jugend, wurde endlich ganz taub, daß er nicht mehr hören konnte. Doch
bekehrte er sich noch zuletzt. Gott vergebe ihm alle seine Sünden. Um Christi
Willen . Amen.
Vom
Grundstück Springensgut - Arbeiterhäuser, gegenüber der Kirche:
Anno
1672 den 28.Oktober hat Dietrich Diedemann seine Frau Grete eine totgeborene
Leibesfrucht zur Welt gebracht, welche sie zwar heimlich begraben, mir aber und
den Küster unsere Leichengebühr geben müssen. Dieses Kind, welches in Tilo
Hünemörders Grab gesetzt, ist von losen Leuten Hünemörders wieder ausgegraben
den 11.November, wie berichtet ward, und des Nachts von den Hunden gefressen
worden, welches Gott wohl richten wird.
Anno
1675 am 16.Februar ist des alten Dietrich Diedemanns Frau Cicilia ohne
Leichenpredigt begraben, weil das Vermögen nicht da war. Im folgenden Jahr den 7.Dezember ist des jungen Diedemanns Frau
Grete an masern gestorben und ohne Leichenpredigt begraben worden. Sollte zwar
zuletzt eine Leichenpredigt haben, aber da war es mir auch nicht gelegen, weil
sie es kaum 12 Stunden vor dem Begräbnis allererst von mir begehrten. Im Mai
heiratete der Witwer Anna Schulze aus Polkau, welcher man nichts gutes nachsagte. Dieses Weib, da sie bisher in das 3.Jahr
bei ihm gewohnet, ist hernach in seinem Abwesen heimlich davon gegangen und
allen ihren Bettel mitgenommen. Da sie doch von ihm schwanger war, ist das Kind
in Stendal getauft und daselbst gestorben und begraben. Sie aber hat sich
danach zu den Soldaten gehalten und mit denselben gehurt, also ist ihr Mann
endlich von den Herrn Superintendanten in Stendal von
ihr losgesprochen und ihm anderweil ehelich einzulassen vergönnt. Er heiratete
am 28.Januar 1680 die Gertrud Wedding. 3 Jahre darauf gebar sie einen toten
Sohn zu Welt, also gefährlich, das des Kindes Kopf im Mutterleib geblieben. Ob
die Hebamme hieran Schuld, oder ob es eine göttliche Strafe, ist Gott allein
bekannt. 3 Wochen darauf hat auch die Mutter nach ausgestandenen Schmerzen
endlich ihren Geist aufgegeben und ist mit einer Leichenpredigt begraben, Text:
Joh. 16,21 „Ein Weib, wenn sie geheiratet, so hat sie Traurigkeit.“ Sie war alt
31 Jahr. Im nächsten Jahr schloß Diedemann seine 4. Ehe.
Von
Kricheldorfs Hof:
Am
9.April 1695 wollte Klaus Benecken, dieser Esel, auf den Sonntag taufen lassen,
blieb aber aus, und war also erst Dienstag getauft und entschuldigten sich
wegen der Speisung, daß er dazu nicht eher hätte geraten können. Und mußte die
Taufe also wegen der Fresserei aufgeschoben werden, daraus man sieht was für Christen
seien!
Von
Bauermeisters Hof:
Von
Schröders starben in Schwarzenhagen im Jahr 1679 drei Familienmitglieder bald
hintereinander. Alle ließen sich ohne Leichenpredigt beerdigen, woraus denn zu
spüren, daß diese gleich unter die Priesterfeinde gehören, die sich wider mich
zusammengekoppelt haben.
Noch
etliches von den Gegnern Pastor Schlehensteins:
1687
war Joachim Peters einer von den guten Priesterfeinden. Er ging lieber zum Krug
als zur Kirche und war auch das letzte mal vor seinem
Ende ein halbes Jahr nicht zum Abendmahl.
Der
alte Küster Adam Stoll ist auch anfangs einer mit von den Priesterfeinden
gewesen, aber zuletzt wurde er sehr bequem und dankte Gott, daß ich ihn wieder
zum Küster annahm. Der 1683 begrabene Adam Otte war sogar ein Erz - Priesterfeind.
Klaus Roloff, der anno 1676 seine Frau begraben ließ, war auch ein
Priesterfeind. Als er wenige Zeit später seine Dienstmagd heiratete, streuten
die Rochauer dem Brautpaar Heckerling auf den Kirchsteig. Der Altbesitzer von
diesem Hof war ein versoffener Bruder.
Bei
einer Taufe am 8.Dezember 1676 wollten die Eltern „ihr Kind sollte wie die vom
Adel, 2 Namen haben, aber ich habe es ferner nicht eingeräumt, sondern sie
können sich wohl mit einem Namen behelfen. Ist nur eine bloße eingebildete
bäurische Hofart!“ Als das getaufte Kind nach 3 Wochen starb, schreibt der
Pastor: „Vielleicht hat es dem lieben Gott nicht gefallen, daß sie wollten mit
zwei Namen protzen.“
Im
Oktober 1700 fuhr der Bauer Kricheldorf
seinen 3 jährigen Sohn nach Schinne, denn er hatte ein schweres
Bruchleiden, das ein Bruchschneider dort heilen soll. Der Bruchschneider
schnitt so, daß der Knabe nach 3 Tagen starb. Weil der Pastor von Borstel die
Leiche nicht hat aus seinem Bezirk fahren lassen, ist die Leiche daselbst
beerdigt „und habe wegen der Gebühren ich, der Küster und die Kirche müssen
hinten nachsehen.“
Vom
Nachbarhof des Pfarrhauses:
Am
8.Oktober 1671 hatte die Tochter der Bauersfrau Ursula Denecken ein uneheliches
Kind tot geboren, wie die weise Mutter (Hebamme) mir berichtete. Darauf starb
die uneheliche Mutter. Vielleicht ist sie von Gott zur Rechenschaft gefordert.
Dann stirbt die Bauersfrau. Mutter und Tochter werden wissen, wie sie mit dem
totgeborenen Kind im Mutterleib vorgegangen sind, wie denn auch der Vater Möhring
keinen gesunden Tag mehr gehabt und elendig mußte siechen und kranken. Im
Oktober stirbt dann noch Möhrings Sohn von 19 Jahren an der Schwindsucht. 3
Jahre später bringt die Tochter Trineliese ein uneheliches Kind zur Welt, tötet
dasselbe und gedenkt es heimlich fortzuschaffen, ist aber von den Bauern, die
wegen eines gestohlenen Schafes Haussuchung getan, gefunden worden. Wie
wunderlich Gott ein Ding dirigieren kann; wenn er will das im dunkel verborgen
ist, soll an das Tageslicht kommen. Sie mußten nun die unmenschliche
Kindesmutter bewachen, aber es war den Bauern kein Ernst. Sie ließen sie auf
den Abend davonstreichen und sagten, sie wissen nicht, wo sie geblieben wäre.
Keiner wollte einen Fuß danach aus der Halle setzen, da sie doch eine geraume Zeit
sich hatten zu Ziegenhagen und Petersmark aufgehalten haben. Aber sie bekamen
auch vom lieben Gott des nachfolgenden Jahres ihren Lohn, da eine Feuersbrunst
1682 entstanden war und den Rädelsführern das Ihrige in Asche gelegt wurde. Es
war auch der Obrigkeit angezeigt. Die kam zuvor und besichtigte das Kind, wurde
aber weiter nichts dazu getan. Also kommt eine Blutschuld über die andern.
Sollte das Gott nicht finden! Ja er wird es wohl finden, richten und heimsuchen
in seinem Zorn, dem sei die Sache und Rache befohlen. Das getötete Kind ward
den 11.09. mit Bußgesängen und Läutungen der beiden kleinen Glocken zur Erde
bestattet. Am 20. November stirbt der schwer leidende Möhring. Auch er war im
Anfang ein Priesterfeind mit, aber er bekam auch seinen Lohn. Die Tochter Anna
heiratete 1682 den Daniel Stolle. Aber am heiligen Pfingsttage anno 1685, da
die Bauern wegen eines gestohlenen Ochsens Haussuchung getan, haben sie
abermals auf diesem Hof in der Scheune ein fast verfaultes Kind gefunden,
welches die Schwester der Frau, welche sich hier aufhielt, unehelich geboren
und wohl wird umgebracht haben, denn diese sich stehenden Fußes aus dem Staub
gemacht. Ich schrieb solches der Obrigkeit, aber es ist nichts darauf erfolgt.
Ich will entschuldigt sein, denn ich habe das Meinige getan. Gott wird Richter
und Rächer sein. Das war es, denn im Jahr darauf ist die junge Frau Stolle, so
30 Wochen krank gewesen, lahm geworden, endlich gestorben. Sie war 33 Jahr alt.
Von
den Bauernhöfen gehen wir nun in das Hirtenhaus und hören seine Erlebnisse:
Anno
1684 den 11.August nachmittags 4.00 Uhr ist franz Kohler, ein junger Kuhhirt,
der nach dem Tode seines Vaters mit der Mutter die Dorfherde versieht, meines
Wissens ein stiller und frommer Mensch, bei dem Hüten auf dem Felde von einem
Donnerstrahl getroffen und getötet. Sein Haupt soll fast voneinander geschlagen
sein.
Sonst
gab es unter den Hirten „manch lose böse Schelme“. Anno 1686 zankte sich die
Kuhhirtenfrau Arent am heiligen Pfingsttag mit dem Schusterweib aus Schwarzenhagen
über das Obenansitzen in der Kirche. Sie haben so gründlich gescholten und also
groß Ärgernis gegeben. Da ichs erfuhr, wollte ich sie
ohne Versöhnung nicht zum heiligen Abendmahl kommen lassen und da blieben sie
gar davon weg. So geht es Gottes Dienern, wenn keine Obrigkeit da ist, die
solche gottlose könnte strafen.
1682
gebar die Schäferwitwe Anna Ehrwald ein uneheliches Kind, ließ es in der Kirche
taufen und gab als Taufgeld einen Taler. Aber als diese Schelmin auf Martini
loszog, kam mir aus meiner Herde das beste und größte Lamm fort, welches ich
wohl nicht für neun Taler weggegeben hätte. Das war der Vorteil von diesem
Hurenpack!
Der
Schäfer Hans Reineke war auch ein Schelm. An ihm war auch nicht viel
Gebratenes. Denn 1698 hat er die Schafe auf dem Glatteis verhütet, das sie alle
dahingingen.
Ähnliche
Erfahrungen wie mit dem gewonnen und zerronnenen Tauftaler der Hirtin machte
Pastor Schlehenstein mit dem Windmüller in Rochau. Denn Müller Christian Franke
gibt von anno 1670 wohl dem Pastor die richtige Calende mit jährlich 6 Scheffel
Roggen, “aber er gibt’s, das Gott erbarm, denn er machet es immer wieder ein
und waren 3 Scheffel wohl nicht mehr als 2 Scheffel, und demnach oftmals elende
Mehle.“
Der
Müllersohn heiratete 1699 die Müllertochter Katharina Margarete Belitz aus
Grassau. Sie gebar bei ihren Eltern dort einen Sohn, der auch dort getauft
wurde, dann starb und in Grassau beerdigt ward. Am 28.Juni hat der Müller seine
Frau nach Rochau zurückgefahren. Dieser hatte mir sollen wegen meiner Gebühren
geben: Als Taufgeld 6 Silbergroschen für nur eine Mahlzeit bei der Taufe, da er
aber doch 3 Tage Kindelbier gefeiert und mir hätte also 3 Mahlzeiten gleich 18
Silbergroschen geben müssen. Nun rechne ich nur 6 Silbergroschen das Kind zu
begraben, und Mahlzeit bei dem Begräbnis 6 Silbergroschen, und das Opfergeld
beim Begräbnis hatte 12 Silbergroschen gebracht. Waren also 2 Taler zusammen.
Und er hat mir nicht mehr geschickt als 12 Silbergroschen! So geht man mit den
armen Priestern um, aber das wird Gott finden und richten.
Neben
dem Ärger mit Priesterfeinden und reine Schelmen hatte Pastor Schlehenstein
einen unvergeßlich schönen Freudentag, als in der nichtausgebrannten Kirche die
neue handgeschnitzte Kanzel geweiht wurde. Sie ist bis zum heutigen Tage als
Schmuckstück des Gottesraumes erhalten geblieben. In der Kanzel ist der Name
des Holzschnitzmeisters geschnitzt: M. Casper Hoppenstede 1674. Über der
Kanzeltreppe mahnen folgende Worte den Prediger :
DIC ILLIS
ET LIBERASTI ANIMAM
heißt: „Predige Ihnen und erlöse die Seele.“ Rings um die Kanzel steht
die Inschrift: „Selig sind die Gottes Wort hören und bewahren.“ Luc. 11 Hans
Friedrich von Roth Patron Jonas Thon Consul Stend(al) Patron H. Schlehenstein
Past(or) Mathias Drüsdow Joachim Schulze (die Kirchenvorsteher und Schulzen von
Rochau).
Anno
MDCLXXIV (1674) De(n) 6. Oktober.
Die
wirtschaftliche Lage blieb über seine Amtszeit hin schwer. Noch immer lagen
einige Höfe wüste. Kriegsvölker störten den Dorffrieden. Denn anno 1686 im
Oktober kamen etliche Fußvölker, so vor Hamburg gelegen, wieder in unser Dorf
zurück. Eines Trommelschlägers Frau Maria Arend, deren Mann von dem Fürstlich
Anhaltinischem Regiment unter des Herrn Hauptmann Otto v. Bredow Kompanie
gedienet, ist von einem Sohn entbunden und im Hause getauft. Paten waren unter
anderem die jüngste Pastorentochter Margaretha Schlehenstein und der Junker von
Vinzelberg.
9
Jahre später steht geschrieben: Anno 1695 ist den 26.November die lange
angestandene Heirat zwischen meiner jüngsten Tochter Margaretha und Herrn
Caspar Vinzelberg endlich durch priesterliche Kopulation vollzogen worden.
Kopuliert hat sie Herr Johann Georg Licht, Pastor zu Erxleben, und geschah die
Kopulation in unsrer Kirche allhier in Rochau, die Hochzeit in meinem Pfarrhause,
so ich einzig und allein ausrichten mußte!
Auch
von Krankheiten im Pfarrhaus weiß das alte Kirchenbuch zu berichten.
Anno
1685 den 15.April ist meiner Frau Schwester, Anna Brand von Schweichel aus dem
Riß, Hans Niefelds nachgelassene Witwe mit ihrer einen Tochter zu uns kommen in
Meinung von ihrer Post in den Städten etwas zu bekommen. War Mittwoch in der
stillen Woche kam krank allhier, legte sich darauf zu Bette und starb auch
allhier, am Ostertag zwischen 12 und 2 Uhr nachmittags. Ihren Körper habe ich
den 21.April auf unserem Kirchhof in der Erden ohne
Zeremonie beisetzen lassen solange, bis ferner Mittel erfolgen, daß die
Bestattung derselben geschehen kann.
Als
der alte Pastor in die 70 Jahr gekommen war, kränkelte er öfters, wie
Eintragungen im Kirchenbuch ergeben, daß er wegen Krankheit nicht mehr hat
amtieren können.
Anno
1701 waren im Januar die Festglocken verklungen, die den Gemeinden die Erhebung
des Kurfürstentums Preußen zum Königreich und die feierliche Krönung des Königs
in der Schloßkirche von Königsberg in Preußen verkündet hatten.
Da
geht mal wieder der Tod still durchs Dorf. Diesmal klopft er ans Pfarrhaus:
„Den 18.März des Morgens früh um 2 Uhr ist meine Frau Elisabeth, geb. Brandt,
so leider 1½ Jahre an der Gichtkrankheit elendiglich niedergelegen, also daß
sie ihre Gliedmaßen, Hände und Füße nicht gebrauchen können, endlich durch
einen sanften und seligen Tod von Gott aus dieser Welt abgefordert, deren
Körper ich am Palmsonntag in der Kirche vor dem Altar habe begraben lassen. Ihre
feierliche Bestattung aber hat müssen aufgeschoben werden bis zum 5.Juni, da
sie mit einer Leichenpredigt begraben worden durch Pastor Jacobus Wolff aus
Groß Schwechten. Text der Predigt: „Herr, wenn ich nur dich habe, so frag ich
nicht nach Himmel und Erde.“ Darauf ich mich aus hoher und unumgänglicher
Notwendigkeit wieder müssen ehelich einlassen mit Frau Elisabeth Müller bürtig
aus Salzwedel, Herrn Johannes Altfuß, gewesenen Pastoris in Kleinau
nachgelassener Witwe, und ist die Hochzeit den 15.November allhier in meinem
Pfarrhaus gefeiert worden. Gott gebe uns seinen Segen, Gnade, Frieden,
Gesundheit und Einigkeit, danach die ewige Seligkeit. Noch 2 Jahre Amtszeit
waren dem alten Simon Schlehenstein zu amtieren vergönnt. Noch 2 Jahre stand er
auf der Kanzel mit seinem Namen und predigte seinen Rochauern und
Schwarzenhagenern, die er so gut kannte.
Anno
1703 hörte seine klare, gewissenhafte Handschrift im Kirchbuch auf. Sein Leib
ruhte im Pfarrgewölbe, im hohen Chor auf der Nordseite. Gott aber möge seinen
treuen Diener das geschenkt haben, was er sich vor 2 Jahren wünschte:
„Danach
die ewige Seligkeit.“
VI.
Pastor Henning Gartze 1703 - 1733
Ich,
Henning Gartze, bin nach erhaltener Vokation vom König und den hiesigen Herrn
Patron den 23. Dez. 1703, als am 4.
Adventssonntage, in der Kirche allhier zu Rochau als Pastor und Seelsorger
dieser beiden Gemeinden intraduzieret und zwar durch den Herrn
Generalsuperintendent zu Stendal, Herrn Doktor Meurern. Gott stehe mir in
Gnaden bei, daß ich die mir anvertraute und durch Christi Blut erlöste Seelen
so möge führen und weiden, daß sie zu Jesus kommen und nebst mir ewig gerecht
und selig werden.
Den
4.Juni 1705 ließ ich mich in Stendal in Herrn Kämmerers Schulzen Hause ehelich
kopulieren mit Jungfrau Maria Elisabeth Pinnau, des seligen Herrn Kaspar Pinnau
und Elisabeth Rosten, Pastoris zu st. Petri in Stendal, nachgelassener
ehelichen Tochter.
1706
den 3.September abends 9.00Uhr bekam ich und meine Frau einen Sohn, der bei der
Taufe Bendix Christoff genannt wurde. Gevatter waren Herr Bendix Roste, Richter
in Berlin auf dem Werder und in Friedrichsstadt, Herr Friedrich Hildebrandt
Thom, Königlich Pr. Amtsmann zu Kloster Neuendorf, auch Patron hiesiger
Kirche....
1709
den 10.Juni morgens ½ 11 Uhr bekam ich und meine Frau eine Tochter, so den 17.
getauft und Katharina Elisabeth genannt worden. Gevattern waren der Kammerath
Christoff Roste in Berlin, dafür gestanden Herr Johann Erdmann v.
Vinzelberg....
Den
17. November 1709 mittags um 1.00Uhr stirbt meine Frau Maria Elisabeth
Pinnauin, eben am Sonntag. Den Dienstag Abend, als am
Elisabeth-Tage, wurde sie beigesetzt, und den 17.Dezember geschah das
öffentliche Leichenbegräbnis. Herr P. Lange von Gr. Ballerstedt hielt die
Parentation, Herr P. Jac. Wolff zu Gr. Schwechten hielt die Leichenpredigt.
Text: Offenbarum, VII v. 13 u. 14.
Nachdem
ich 8 ¼ Jahr als Witwer gelebt, wurde ich durch zureden guter Freunde und
andere Ursachen bewogen, mich zum anderen mal zu verehelichen. Habe mich
demnach den 16. Januar 1718 zu Uenglingen mit des
Herrn Joh. Christoff Berlins, Pastoris daselbst, ältesten lieben Tochter,
Jungfrau Barbara Margaretha Berlin im Beisein guter Freunde ehelich
versprochen, auch gleich darauf den 15. Februar in der Kirche daselbst durch
Herrn D. Meurer aus Stendal mit der selben kopulieren lassen. Gott walte über
uns mit seiner Gnade, beides, zeitlich und ewiglich. - Den 28.Dezember, als den
Tag nach Weihnachten, abends 6.00 Uhr gab der liebe Gott meiner Frau eine
wohlgestaltete Tochter. Allein, weil sie solange an der Geburt arbeiten mußte
und man gar an ihrem Leben zweifelte, wurde das Kind, welches man allerseits
für tot hielt, etwas härter angegriffen, um solches von der Mutter zu bringen,
weswegen es an der Hacke von der Weh-Mutter war verletzt worden. Man gebrauchte
dazu den Balbierer aus Osterburg, der es von dem 3. Tage immer selber verband,
allein es mußte doch den 17. Januar abends 5. Uhr seine Seele Gott wieder liefern.
Die
Pfarreinkünfte von Rochau setzten sich zu Pastor Gartzes Zeit folgendermaßen
zusammen:
Ertrag
vom Pfarrland zu Rochau und Schwarzenhagen
mit
Wittenhagen, vom letzteren liegt ein Teil noch wüst, wird nur alle 10 Jahre
gelegentlich besät. Gesamtfläche ca. 4 Hufen. Die einzelnen Schläge werden nach
alten Flurnamen aufgeführt: Im Schinnischen Felde, auf den Ruthen, der hinteren
Nachtweide, aufs Sok, im Molkenfeld, im Grassauschen Felde im Morgenschlag, im
Bruchland, auf der Viehtrift, auf der anderen Seite der Kuhle, im Schorstedter
Feld im Morgenschlag,auf der halben Kavel, auf dem langen Stück,auf dem Sand,
auf dem Ballerstedtschen Wege, auf Braunland, auf dem Soltenberg, nicht weit
von der hiligen Wische, auf dem Mahlbild, auf dem Lindholz, hinter Schartau,
ferner Wieswachs, auf der Bauernwische und am Holz im Anteil von einem Ackermann
an dem Wittenhagschen Holz, ferner von den hohen Birken.
Brot
und Wurst von jedem Ackermann, von jeden Kossathen 6 Eier.
Das
Opfergeld (beim Umgang um den Altar) vom hl. Abendmahl, Leichen und Hochzeiten,
zur Hälfte mit der Kirchenkasse.
Bei
Beerdigungen: Leichenpredigt bei Erwachsenen 2 Taler, ohne Leichenpredigt, nur
Einsegnung 8 Groschen, bei Kindern 9 Groschen.
Bei
Trauungen 2 Taler nebst Mahlzeit und neuen Schnupftuch.
Kindtaufe
6 Groschen und, wenn 5 Gevattern gebeten waren, eine Mahlzeit oder 6 Groschen,
bei mehr das Geld für Gevatternbriefe und noch eine Mahlzeit oder 6 Groschen.
Streng
wurde die Kirchenzucht gehandhabt.
„Weil
der Cyriakus Hünemörder ein gottloses Leben führte und fast immer in Krügen
gelegen und dem Gesöff nachgegangen, ist er auch in die Hurerei geraten und hat
8 Tage nach seiner Frau Begräbnis mit seiner Magt zu tun gehabt und dieselbe
geschwängert, deswegen ein Mann von Wolkows so über die Elbe liegt, den 22.
November zu mir kommen und berichtet, daß seiner Schwester Tochter Maria
Schrader von dem Cyriacus Hünemörder beschlafen, die ihm auch deswegen von
seiner Obrigkeit verklaget, und da er das Faktum bekannt, von der selben
gebührendermaßen gestraft worden. Darauf er dann den 1. April Kirchenbuße zun
müssen, daß er nach der Predigt, da die Gemeinde Beicht und Absolutation, auch
das allgemeine Kirchengebet verlassen, solange er für (vor) dem Altar hat knien
müssen und ist auch die Demtation von der Kanzel geschehen. So hat der Cyriacus
bald darauf eine andere Magd bekommen, die auch grob schwanger und von einem
Soldaten namens Dawid Kicke beschlafen; Die Magd hieß Barbara Kruse, Lorenz
Kruses von Demker Tochter, welche darauf den 26. April zwischen 10 und 11 Uhr
vormittags eingebettet und einen Sohn bekommen, so den 29. Getauft und Dawid
ist genannt worden; - den 25.Mai auf den Nachmittag ist dieser Hure ihr Kind
wieder gestorben - den 19.September aber hat sich dieser Cyriacus mit dieser
seiner Magd zusammentrauen lassen. Was ferner werden wird wird die Zeit lehren.
Gott vergebe ihnen. Ihre Sünde! Im Jahr darauf ist dieser Cyriacus ein Soldat
worden, da denn diesen Hof (Wallstabe) sein Bruder Joachim angefangen
deswegen. - Nachdem Cyriacus mit seinem Weibe aus dem
Kriege wieder herkommen, und sich bei seinem noch lebenden Vater im Altenteil
aufgehalten.“ -
Anno
1708 den 18.Juli fährt Müller Franke mit seiner hochschwangeren Frau nach
Stendal. Auf der Landstraße muß die Frau , weil ihr so
übel wird, absteigen. Da solches nachläßt fahren sie zurück auf Peulingen und
kehren daselbst bei Bekannten ein. Um 11 Uhr vormittags gigt Gott der
Müllerfrau eine junge Tochter, und nach 1 Uhr mittags auch einen Sohn. Die
Schwachheit hält bei der Frau an bis des anderen Tages gegen Morgen. Da muß sie
ihr Leben durch den Tod in Peulingen beschließen. Noch den
selben Tag wird sie als tot nebst ihren 2 lebenden Kindern nach Rochau
gefahren. Die Kinder bekommen noch selbigen Tages des Mittags in der Kirche die
Taufe. Der Sohn wurde Joachim, die Tochter Anna genannt. Die Müllerfrau wurde darauf
allhier beerdigt, bekam eine Leichenpredigt aus Psalm 67 „Gott leg uns eine
Last auf, aber er hilft uns auch.“
Anno
1710 den 14.Dezember bekam Heinrich Wolter (Mielke - Achterstraße) seine Frau
eine Tochter 7 Wochen nach der Hochzeit. Das Kind wurde im Hof hinter
Holzhaufen gefunden, da die Hunde es verbellten, und wohin das Weib es gesteckt
hatte. Am abend wurde es im Hause getauft und Magdalena genannt. Der Vater des
Kindes soll sein Stöffel Höft, aus
Rönnebeck bürtig, so nebst ihr in Zedau gedienet. Die Sache wurde eingehends
vom Amt Burgstall aus untersucht. Am 10.Februar 1711 stirbt das Kind, nachdem
das Weib solches bis nach Zedau und zurück in der größten Kälte getragen
hatte.“
Die
letzte persönliche Kirchenbucheintragung P.Gartzes ist vom Jahre 1732:
Gleich
nach Ostern wurde meine Frau mit einer großen Hitze überfallen. Ich ließ in der
Apotheke zu Stendal gleich etwas dagegen machen. Sie gebrauchte davon kaum 2 mal, so schlich die Krankheit in neuem kalten Fieber
heraus. Solches hatte sie etwa 3 mal gehabt. Da fuhr
ich nach Stendal den 9.Juli zum Landphysikus Dr.Müller. Der ließ gleich
unterschiedliche Medikamente machen. Ich säumte nicht lange, sondern eilte nach
Hause,der Patientin damit helfen zulassen. Sie nahm
eins und das andere davon ein; wie ich ihr auch des anderen Tages von 3
verordneten Pulvern eins eingab, so bekam sie davon ein kleines Erbrechen,
welches ohne Zweifel der Effekt sein sollte. Darauf wurde ihr ekelich (?)
solches ferner zugebrauchen; blieben also 3 Pulver, und der erste Fieber -
Essenz ungebraucht. Ich mußte daher anderswo hin und mir den Rat holen. Anfangs
hatte sie das Fieber täglich, hernach bekam sie es nur den anderen Tag. Ich
fand endlich doch somit Hilfe, daß das Fieber ausblieb. Etwa 2 Tage danach
bekam sie unvermutet neuen Schrecken, darauf ihr das Fieber wieder antrat,
ungeachtet wir ein viertes brauchten, hielt es doch bei ihr an bis an den 3.
Tag für ihr Ende ...
Damit
schließen die Eintragungen. Dazu ist die Handschrift des P. Gartzen oft
unleserlich und nur teilweise zu erraten. Und weil die nächste Seite aus dem
alten Kirchenbuch im Laufe von 3 Jahrhunderten verlorengegangen ist - gerade
Seite 13 ! bleibt das amtsende dieses Pfarrers in dunkeln gehüllt. Dieses Jahr
1732 muß sein letztes gewesen sein. Im nächsten Jahr war schon sein Nachfolger
da.
VII. Pastor Gottlieb Schmidt, Vater und
Sohn 1733 - 1814
Anno
1733 am 15. Sonntag nach Trinitatis, der im Evangelium bei Matthäus in 6
Kapitel uns zuruft: „Sorget nicht“ führte Generalsuperintendent D. Meurer aus Stendal den Magister Gottlieb
Schmidt als junger Pastor der Gemeinde nach Vokation Ihrer Königlichen Majestät
und den Herrn Patronis feierlich ein. Am 19. Sonntag nach Trinitatis, als den
11. Oktober, hielt er von der Kanzel seine Antrittsrede. Im nächsten Jahr, im
Wonnemonat Mai heiratete er die Pfarrtochter Maria Dorothe Teichmann bei
Leipzig. „Meine Reise dorthin und her verrichtete ich innerhalb 14 Tage, so daß
ich am Sonntag landete allhier in Rochau wieder predigte. Gott segne und
verleihe uns in unserer Ehe, was zu unserm zeitlichen ewigen besten dienet um
Jesus Christus Willen, Amen!“
Gottes
Segen war mit ihm im Familienleben und in der Gemeindearbeit. 45 Jahre hat er
im Amt stehen dürfen und seinen Sohn noch etliche Jahre als Nachfolger erlebt.
Wir
überblicken zuerst sein Familienleben. Am 26.4 1735 wurde die Tochter Regina
Elisabeth geboren. Bei der Taufe stand neben dem Ältesten Fräulein von
Vinzelberg auch Pastor Hindenburg aus Neuendorf am Speck Gevatter. Von da ab
knüpften sich Bande der Freundschaft zwischen beiden Pfarrhäusern. Sie wurde
später zur Verwandtschaft. Denn diese älteste Rochauer Pastortochter heiratete
den 18.Mai 1756 den Diakanus zu Arendsee und Pastor von Kläden
, Friedrich Christoph Hindenburg. Die zweite Tochter, Johanna Dorothea
wurde am 7.Oktober 1736 geboren. Sie heiratete 1772 den Apotheker Johann
Gottfried Paalzow aus Garten. Am 6.9.38 wurde der Sohn Johann Heinrich geboren.
Er wurde Pastor zu Schönberg und heiratete in der Rochauer Pfarre die Arztwitwe
Theodora Kordula Heinrizi aus Stendal. Die am 28.1.1744 geborene Tochter Maria
Dorothea heiratete am am 5.1.1774 den Pastor Joh. Wilh. Schroekel in Apenburg.
Der am 7.8.1749 geborene Sohn Gottlieb wurde seines Vaters Nachfolger hier und
am 28. April 1778 mit der Förstertochter Johanna Henriette Bernhardina Fiedler
getraut. All diese Amtshandlungen hat Pastor Schmidt allhier halten dürfen.
Wahrlich, Gottes Segen war mit ihm.
Von
den Ereignissen des 7 jährigen Krieges wurde unser teil der Altmark kaum
gestreift. Nur im Jahre 1757 holten französisch Husaren vom Regiment Polercky
eine starke Kriegssteuer aus der Nachbarstadt Osterburg. Sie betrugen sich aber
verhältnismäßig gut. Auf Veranlassung des Freiherrn von Bülow aus Falkenberg
wurde Landmiliz herbeigeholt. Dieser buntscheckige, aber tapfer
und entschlossene Haufen nahm den größten Teil der Franzosen gefangen. Nur
einer Franzosenschar gelang die Flucht aus dem Seehäuser Tor hinaus, zwei
Franzosen wurden im Nahkampf mit Mistgabeln erstochen, ein Wachtmeister
erschossen; er ritt einen schönen Schimmel, der wenige Tage zuvor in Dobbrun,
etwa 5 km nördlich Osterburg, einen Bauer weggenommen war. Dieser wackere
Schimmel rannte mit den Wachtmeister unentweg den heimatlichen Stall zu und
fiel so der 2.Abteilung der Bülowschen Miliz am Mühlenberg in die Hände. Rochau
hatte einen Gefallenen in diesem Krieg. Kurz zuvor, Machaeli 1755 wurde in
unserer Kirche der hiesige Jungbauer Peter Henning aus Schwarzenhagen
(Zierauscher Hof), der ein Reiter war, wohl vom 7.Kürassierregiment aus Osterburg,
das seinen Nachwuchs aus dem Kantonement des Kreises Stendal zog, von seinem
Osterburger Feldprediger mit der Bauerntochter Ilsabe Schulz getraut. Als der
junge Ehemann 1756 in den Krieg zog, wurde in seiner Abwesenheit am
24.September eine kleine Tochter Ilse Sophie geboren. Er blieb im Krieg. Bei
welcher Schlacht er fiel, ist nicht erwähnt. Nach einigen Witwenjahren
heiratete sich dann in diesem Hofe ein, der Halbspännersohn Dionysius Mauker
aus Schäplitz. Am 18.Mai 1762 fand die Trauung mit der Kriegswitwe statt. -
Anno
1769 am montag nach dem ersten Fastensonntag brannte der Braunschweigische
Kossathenhof (Lühr) ab. Man vermutete, daß die Bauernfrau Braunpfennig, ein
böses Weib, solches mit Fleiß angezündet, weil sie viel an die Kirche bezahlen sollte.
Sie wurde ins Altenteil was noch stand, umlegiert, aber dieses brannte auch ab,
und wurde sie mit ihren Mann in Arrest genommen. Da sie nun darinnen drohte,
das ganze Dorf anzustecken, wurde sie mit ihren Mann in Ketten und Banden
gelegt, und kam die Sache zur Inquisition, zumal ihre Tochter ausgesagt hatte,
daß ihre Mutter mit ihr das Feuer im Altenteil angelegt hätte. Unter währender
Inquisition brannten 5 Höfe ab und wußte niemand, wie es zugegangen. Endlich
wurde bekannt, das die Gänsehirtin, ein einfältiges Weib, welches den
Gefangenen aufwartete, auf Zureden der Braunschweigs solches getan, und daher
auch bewacht wurde. Obwohl der Braunschweigschen sowohl diese, als auch ihre
Tochter ins Angesicht sagten, und zwar erstere, wie solche sie mit vielen
Versprechen dafür gebracht, und letztere, wie sie mit ihr das Feuer im
Altenteil angelegt, so leugnete sie doch alles, und kam es endlich dahin, daß
alle 4 Personen ins Gefängnis nach Tangermünde gebracht und die Akten nach
Berlin geschickt wurden. Worauf das Urteil kam, daß die Braunschweigsche in das
Zuchthaus, die Tochter in das Spinnhaus, der Mann in die Karre nach Stendal
gebracht, die Gänsehirtin enthauptet und verbrannt werden sollte. Die Exkution
der Gänsehirtin fand hier in Rochau die Woche nach Ostern statt. Sie hieß Anna
Dorothea Rochs. Hinrichtungstag war der 5.April 1770.
Der
Herbst dieses Jahres war sehr naß, der Winter gelinde. Aber am 24.März 1771
fiel ein 2 - 3 Fuß tiefer Schnee und die Witterung wurde sehr strenge. Den
26.März ging das Elbwasser schon über die Neuenkirchen und Schönbergschen
Deiche, nordöstlich von Seehausen. Am 27.März zersprengte die ungeheure
Wassermasse, die ein heftiger Ostwind mit den Eisschollen in die Altmärkische
Elbseite trieb, den Schönbergschen Deich und überschwemmte die ganze Wische und
die an die selben grenzenden Dörfer. Kähne waren nicht gleich in Bereitschaft,
die vorhandenen riß die Wasserflut fort. Auf dem Land entstand Brotmangel, weil
wegen des nahenden Osterfestes jedermann das Backen bis dahin aufgeschoben
hatte. Die meisten Häuser standen bis an die Dächer im Wasser. Die
Unglücklichen mußten heftige Kälte ausstehen und sahen wegen Kahnmangel nur
späte Rettung vor sich. Aus allen Orten kamen die Nachbardörfler mit allerhand
Lebensmittel zur Hilfe. Bis zum 26.April fiel das Hochwasser so wenig, daß nur
einige höhergelegene Häuser aus der Flut tauchten. Vom 27.April bis 5.Ma fiel
ein starker Regen und verzögerte das Sickern des Wassers. Erst am 16.Mai fing
es an sich zu verlieren. Man bestellte die Äcker, da folgte am 16.Juni eine
zweite Überschwemmung. Den Notdeich zerriß die vom Gebirgsschnee angeschwollene
Elbe und überschwemmte von neuem das Land. Erst Ende Juli verliert sich wieder
das Wasser. -
1778
ging Pastor Gottlieb Schmidt in den wohlverdienten Ruhestand. Am Sonntag
Misericordis Domini, mit seinem Evangelium vom guten Hirten, führt
Generalsuperintendent Werkenthin aus Stendal mit Zustimmung des Patrons von
Roth zu Köckte und frau Kammerrätin von Koven in Poritz den Rochauer Pastorsohn
Gottlieb Schmidt junior ins Pfarramt ein.
Auch
ihm war ein langes, glückliches Amts- und Familienleben bestimmt. 6 Kinder sind
ihm geboren, 2 starben klein. Der Vater Schmidt senior, erfreute sich an seinen
Enkeln bis ins hohe Alter. Am 21.06.1785 starb er im 80. Lebensjahr. Als der
Sohn vom Vater das Amt übernahm, übernahm er auch Inventar. Die Preise anno
1778 waren folgende:
6
Kühe a 6 Taler, 1 vorjähriges Kalb a 1 Taler, 7 Schafe und Lämmer a 1 Taler 12
Groschen, 1 einjähriges Schwein a 1 Taler, 1 eingeschlachtetes Schwein a 5
Taler.
Ferner
wurde übernommen an landwirtschaftlichen- und Hausgeräten:
1
alten Wagen, 1 großes und 2 kleine Drahtsiebe, 2 Miestforken, 1 große Säge, 1
Hammer, 1 Zange, 1 Beil, 1 Häcksellade, 3 eiserne Keile, 1 alte Schafraufe,
verschiedene Tröge, 1 Wäscherolle, 6 Tische, 4 mit Leder und 4 mit Tuch
bezogene Stühle, 1 Lehnsessel, 4 Bänke, 1 kupferner Braukessel, 1 kupferne
Wasserkelle, 1 großer Kochtopf, 1 eiserne Feuerzange, 1 Wiegeschale mit
Gewichten, 1 Messingmörser, 6 silberne Eßlöffel, 6 silberne Teelöffel, eine
silberne Schubschnalle, 30 flache zinnerne Teller, 6 zinnerne Suppenteller,
Schüssel, Leuchter, Krüge, Schränke, Truhen, Messer, Gläser, Bücher.
Das
Pfarrhaus wurde 1782 neu gebaut in Fachwerk aus Holz und mit Stroh, wie alle
Bauernhäuser eingedeckt, 61 Fuß lang, 30 Fuß tief. Es steht heute noch, nur
trägt es ein Schieferdach.
Am
9.Dezember 1782 war Jahrmarkt in Stendal. Dorthin leitete Georg Knackmuß
(Seehaus Altenteil) eine Kuh auf den Markt. Er säuft sich aber voll Branntwein
und stirbt in solcher Sünde ohne Verstand und wurde daselbst auf dem
Jacobifriedhof begraben.
1796
am 30.7. heiratete auf Mertens Hof (heute Bäckerei Blech) Joachim Dawid Mertens
aus Schorstedt die Maria Magdalene Mertens. „Sie begingen aber den boshaften
Streich und nötigten den Küster zur Hochzeit, und ließen mich den Pastor aus.
Sie wollten sich nachher damit entschuldigen, sie hätten es vergessen, mich zu
nötigen. Allein diese Entschuldigung wurde von mir nicht angenommen, sondern
ich gab ihnen einen starken Verweis ihres unverantwortlichen Verhaltens wegen.“
Wir
kommen in die Zeit des unglücklichen Krieges.
Am
14.Oktober 1806 wurde das preußische Heer in der Schlacht von Jena und
Auerstädt besiegt. Der Kanonendonner war wie ein fernes Gewitter hier zu hören,
ja sogar bis zur Wische hinein. Am 18.Oktober kamen die ersten traurigen
Nachrichten bis hierher. In der Herbstnacht zum 20.Oktober kam die Equipage mit
dem König Friedrich Wilhelm III. Und der Königin Luise vom Kreis Stendal zum Osterburger
Kreis gefahren, wo sie auf der Fähre von Weben ostwärts über die Elbe weiter
flüchteten. Die Reisebegleitung der königlichen Wagen waren Reiter von
Garducorps. Der Durchmarsch des ganzen königlichen Gepäcks dauerte fast bis zum
Morgen. Der Altmärker Pfarrer Joh. Friedrich Kegel in Berge bei Werben und
ebenso Pastor Friedrich Schreck in Düsedau haben diese Tage eingehend
beschrieben. Am 20.Oktober kamen die ersten flüchtenden truppen der
geschlagenen Preußen in unsere Gegend. Täglich kamen Rückzügler durch die
Dörfer. Sonntag den 26.Oktober kam die Vorhut der Franzosen bis Rindtorf.
Überall hörte man Flintenschüsse. Die Unruhe war groß. Wertvolle Dinge vergrub
oder versteckte man in der Nacht zu Montag. Das Korps des französischen
Marschalls Sault wurde von Jägertruppen unter Oberst York aufgehalten, bis die
preußischen Truppen über die Elbe gesetzt waren. Am 27.Oktober in der Frühe
waren die Franzosen da, berittene Chasseurs (Jäger). Sie forderten Geld und
Wein. Die geängstigten Einwohner weinten und klagten. Marschall Saubt nahm in
Stendal Quartier, das Franzosenheer lagerte zwischen Stendal und Borstel.
Plünderungen waren an der Tagesordnung. Viele flüchteten in die Lüneburger
Gegend hinauf. Am 30.Oktober rückten die Franzosen weiter aus unserer Gegend
fort. Die Gegend blieb feindfrei. Nur in Stendal lag als Stadtkommandant der
Offizier Boussin und Intendant Iwailly mit ihrem Stab. Im Friedensschluß von
Tilsit am 12.Juli 1807 wurde die Altmark vorübergehend von Preußen abgetrennt
und kam zum westfälischen Königreich unter Napoleons Bruder, König Jerome,
besser „König Lustik“ genannt. In einzelnen Dörfern hier wurden im November
1807 Franzosen einquartiert, damit rascher die hohen Kriegssteuern gezahlt
wurden. Am 7.Februar 1808 mußten in den Altmärker Kirchen Huldigungspredigten
für den Franzosenkönig Jerome gehalten werden. Eine Proklamation mußte
anschließend verlesen werden von der Kanzel, worin versprochen wurde, der neue
Herrscher würde für das Glück seiner Untertanen aufs väterlichste sorgen. Am 6.03.
mußten die Landleute in ihrer zuständigen Stadt zur Erbhuldigung und
Eidesleistung. Am 8.Mai 1809 kam Major Sikill mit seiner Freischar von Arneburg
nachgezogen. Manche Altmärker traten begeistert in seine Freiheitsschar ein.
Auch beteiligten sich Altmärker an den vergeblichen Versuch des Preußischen
Hauptmanns von Katte, Magdeburg den Franzosen zu
entreißen.
Als
der größenwahnsinnige Kaiser Napoleon in Rußland mit Mann und Roß und Wagen
geschlagen war, kamen rasch aus Spanien zurückgerufene französische Truppen
durch unsere Gegend zur Elbe gezogen, um sie zu verteidigen. Dort lagen sie
Anfang März 1813. Da kam in der Nacht vom 24. Zum 25.März preußische Vortrupps
und Kosaken über die Elbe bei Sandau gesetzt, auch bei Werben. Am 27.März kam
es zu neuen Gefecht zwischen Giesenlage und Werben, am
28. Zogen sich die Franzosen zurück, am 29. Rückten sie wieder nach Berge vor.
Am 21.April rückten in Stendal als erste preußische Truppe die Lützowschen
Jäger ein, im Mai kam eine zweite Abteilung, unter ihnen der Freiheitsdichter
Theodor Körner. Beim Waffenstillstand am 5.Juni 1813 wurde die Elbe als
Trennungslinie zwischen Franzosen und Preußen festgelegt, und unsere Truppen
zogen sich über den Fluß zurück. Am 17.Juli kamen viele Franzosen gezogen und
schanzten in der Elbe. Am 14.August abens, einen Tag vor Ende des
Waffenstillstands rückten die Franzosen ab, seitdem blieb unsere Gegend vor
ihnen verschont. Am 28.Oktober wurde in allen Kirchen der Sieg der
Völkerschlacht von Leipzig gefeiert. Die Altmark war wieder zu Preußen
heimgekehrt.
Dem
Pastor Gottlieb Schmidt II war in diesen unruhigen Jahren der Tod mal wieder
zum Rochauer Pfarrhaus gekommen. Am 1.Weihnachtstag 1811 starb die Pfarrfrau
Johanna Bernhardina Henriette Schmidt, geb. Fiedler, 69 Jahre alt an der
Auszehrung. Die Leichenpredigt hielt Pastor Gottschick in Schorstedt. Anno 1814
ging Pastor Schmidt in den Ruhestand, das Pfarramt bekam Pastor Johann Gottlieb
Meinicke, der im selben Jahr am 22.Juli seines Vorgängers Tochter, Christiane
Marie Elisabeth Schmidt heiratete. Mit ihm beginnt wieder eine leserliche
Handschrift in den Kirchenbüchern.
Der
Pastor in Ruhestand Schmidt II, starb am 15.Dezember 1820, er war 71 Jahre alt
geworden. Seine Todesursache war Schlagfuß.
VIII. Pastor Johann Gottlieb Meinicke
1814 - 1830
Im
Jahre 1819 kamen die Kirchenpatronen von Rochau und
Schorstedt überein, diese beiden Pfarren zu vereinen. Von da ab war Pastor
Meinicke Seelsorger von Rochau, Schorstedt und Schartau. Rochau hatte damals
360 Einwohner, Schwarzenhagen 102.
Folgend
Höfe gab es damals in Rochau:
Hof 1 Dorfschulz Jakob Möhring (Springensgut)
Hof 2 Dorfschulz Jakob Möhring
Hof 3 Halbspänner Joh. Fr. Schmidt
Hof 4 Halbspänner Jakob Fr. Otterburg
Hof 5 Ackermann Christoph Gose (H.Dobberkau)
Hof 6 Ackermann Andreas Mertens (Leute-Häuser)
Hof 7 Ackermann Jakob Schulze (Stellm.
Brandt)
Hof 8 Kossath Georg Brandt (Grimpe)
Hof 9 Ackermann Joh. Chr. Rahmsdorf (Heizmann)
Hof
10 Kossath Peter
Rochl (Krebs)
Hof 11 „ Christian Lühr (Henning)
Hof 12 „ Andreas Hünemörder (Kricheldorf)
Hof
13 „ Jakob
Franke (Ebert)
Hof 14 „ Christoff Steffens (Weber)
Hof 15 „ Friedr. Dahrendorf (Roth)
Hof
16 „ Andreas
Dobberkau (Behrends)
Hof
17 „ Joh.
Fr. Behrens (Schwieger)
Hof 18 „ Andreas Herms (Mielke)
Hof 19 „ Joachim Darendorf
Hof
20 Ackermann Joh.
Chr. Rahmsdorf (Minte)
Hof
21 Kossath Georg
Veik (Müller)
Hof
22 Ackermann Joh. Jakob
Deetz ( Dobberkau)
Hof
23 Kossath Martin
Ottendorf (Lühr)
Hof
24 „ Martin
Schmidt (Mäcker)
Hof
25 „ Matthias
Sikich
Hof
26 Halbspänner Johann
Otte
Hof 27 „ Heinrich Gose
Hof
28 Kossath Joachim
Hünemörder
Hof
29 Ackermann Joh.
Friedr. Huth
Hof
30 Ackermann Joachim
Hünemörder
Hof
31 „ Johann
Küster (Quast)
Hof
32 Kossath Heinrich
Franke (Seehaus)
Hof
33 „ David
Mertens (Blech)
Hof
34 „ Friedr.
Bree (Alvensleben)
Hof
35 „ Christian
Neubauer (Hulsch)
Hof
36 Ackermann Joachim
Hünemörder
Hof 37 „ Joachim Storbeck
Im
Jahre 1817 war durch Blitzstrahl der Kirchturm getroffen. Die Reparatur kostete
73 Taler.
Zu
Pastor Schlehensteins Amtszeit hatten wir vom letzten Küster gehört, Hans
Niemann. Er amtierte von 1683 bis 1703. Da starb seine Frau. Er war schon in
den siebziger Jahren und übergab das Amt
seinen Sohn Jakob Niemann, der 1730 starb. Dann rückte in seine Stelle Johann
Heinrich Kolle, der vorher Schulmeister in Belkau gewesen war. 1750 folgte ihm
Johann Christian August Schäfer, der im Nebenberuf Gärtner war. Nach desse Tod
1756 war der Schneider Johann Friedrich Pohlmann Küster bis 1803, da er mit 82
Jahren starb. Von da ab bis 1829 war Küster der Schneider Konrad Steffens. Zu
seiner Zeit schaffte die Kirche für die Schule 5 Schulbänke und einen
Schultisch an. „Eigentlich - schreibt der Pfarrer - Hätten die beiden Gemeinden
Rochau und Schwarzenhagen dieselben ganz aus ihren Mitteln müssen machen
lassen. Weil aber die Gemeinden sich widersetzten, so ist es aus Güte von den
Herrn Kirchpatronen zugegeben worden, so daß die 3 Bretter zu den Schulbänken
aus dem Kircharchiv angeschafft wurden.“ In allen amtlichen Schreiben wird
Steffens stets als schul- und Schneidermeister“ betitelt. Er war der letzte
ungelehrnte Lehrer. Sein Nachfolger im Jahre 1830, derr Rochauer Bauernsohn
Joachim Christian Dobberkau, der die Bauerntochter Dorothea Sophia Ahl
geheiratet hatte, war schon seminaristisch gebildet.
Kirchenpatrone
zur damaligen Zeit, Rittergutsbesitzer Achilles - Poritz, später Schulz Arend
Poritz, hatten manchen Streit mit Pastor Meinicke. Achilles zeigte anno 1825
der Behörde an, der Pastor benutze eine silberne Oblatendose nicht zum
Abendmahl austeilen, sondern als Zuckerdose. Er hätte auch aus der Kirche 2
Schemel ins Pfarrhaus zu persönlicher Benutzung genommen. Dies hätte Bauer
Dahrendorf ihm angezeigt; Da weiß Pastor Meinicke noch, daß schon sein
Vorgänger und Schwieger-vater Pastor Schmidt sie für 8 Taler gekauft hätte. Und
die Schemel benutzte er nur im Pfarrhaus, um beim Konfirmandenunterricht
Bretter darüber zulegen, damit die Kinder nicht stehen brauchen. Die Übergriffe
der anmaßenden Patronen gegen Pastor Meinicke nahmen Überhand. Sie bestellten
zur Abnahme der Jahrenrechnung von Kirchen- und Pfarrkasse den Pastor in den
Krug. Pastor Meinicke ging natürlich nicht und beschwerte sich bei der Behörde.
Bisher hatte doch der Pastor den Termin zur Abrechnung festgelegt, und er hätte
die Patronen eingeladen, und zwar ins Pfarrhaus und nicht in den Krug. Im
Schreiben vom 19.09.1826 klagt er, daß durch das Verhalten der Patrone seine
Ehre durch Übergehen seiner Person in der Gemeinde schwer litt und dabei leide
er an Gallenfieber und jede Erregung hätte der Arzt verboten! Ja, er wurde
sogar beschuldigt, zuviel Abendmahlwein in Rechnung gebracht zu haben.
Schließlich dreht Pastor Meinicke den Speer um und geht zum Angriff vor und
weist nach, daß Arends aus Poritz unnötige Reisen, angeblich zum Besten der
Rochauer Kirche gemacht und dafür über 5 Taler in Anrechnung gebracht hätte. Da
tritt der zweite Patronatsvertreter aus Köckte auf des Pastors Seite und stellt
fest, daß der Mitpatron aus Poritz die Kirchengelder aus Rochau „als melkende
Kuh“ betrachtet hätte. 1829 wird Arnds durch Gutsbesitzer Möhring - Poritz
ersetzt. Der Tod macht allen Ärger ein Ende. Am
30.08.1830 starb Pastor Meinicke. Er hinterließ 3 Söhne von 7 - 13 Jahren.
Einer davon war blöd und taubstumm.
IX. Johann Dietrich Garlipp 1831
- 1845
Am
9.Oktober 1831, nachdem ich von den Patronen für Rochau und Rittmeister v.
Rinow auf Lindstedt für Schorstedt bestätigt, wurde ich hier eingeführt von
Superintendent Weber aus Stendal. Assistenten waren Pastor Bötticher zu
Klein-Schwechten und Nachtigall aus Eichstedt. Auch hielt ich am selben Tage
meine Antrittspredigt. Nachdem am 1. November desselben Jahres meine Hochzeit
gewesen war mit Jungfrau Dorothea Charlotte Müller, Tochter des Bürgers und
Lohgerbmeisters Fr. Müller zu Stendal, zog ich am $. November ein auf den fast
wüsten Pfarrhof. Der Winter war gottlob nicht kalt, sonst hätten wir erfrieren
müssen, denn der Wind pfiff durch alle Fenster, Türen, ja durch die Wände! Die
Dächer (Stroh) waren gerissen, die Fenster zerschlagen, die Läden ausgehoben,
die Kellerwand an der Straße eingefallen, der Brunnen verschlammt, der ganze
Hof eine Mistgrube, der Garten ein Dresch mit eine Menge Pflaumenbüsche, kurz,
alles eine Wildnis und Zerstörung. Das alles zu ändern hat mir und der Gemeinde
viel Geld und Arbeit gekostet. Meine Ausgaben sind in dem Buch in foliv
verzeichnet, was ich öconomica betitelt habe. Aber ein Jahr nah meinem Einzug
sah es auch ganz anders aus, sodaß die Rochauer Pfarre jetzt an Bequemlichkeit
und Freundlichkeit keiner anderen in der nächsten Umgebung nachsteht.
1833
den 9.Februar abends 6 Uhr gebar meine Frau eine gesunde Tochter nach fast 24
stündigen Schmerzen, welche in der Taufe am 19.März die Namen Charlotte Maria
erhielt. 1836 den 28. Januar morgens gegen 4 Uhr gebar meine Frau einen
gesunden Knaben, der in der Taufe Dietrich Otto genannt wurde. In diesen Jahren
fand die Separation der Rochauer Felder statt. 1836 mußten an Unkosten dafür 3
Taler 12 Silbergroschen Kosten bezahlt werden.
Im
Jahre 1829 am 6.November hatte sich Johann Joachim Wischer aus Steinitz, 24
Jahre alt, mit der Rochauer Schulzentochter Anna Dorothea Moering verheiratet
und war Dorfschulze von Rochau geworden. Er hatte später sein 50 jähriges
Dorfschulzenjubiläum feiern können. Er hat durch viel
Käufe den Hof, heute Springensgut, mächtig vergrößert und zum Gutshof gemacht.
Als er im Alter von 76 Jahren anno 1881 starb, schrieb der derzeitige Pastor
die Bemerkung: „Wieviel Gutes hätte er stiften können, wenn er nicht solche
Willkürherrschaft im Interesse der Eitelkeit und des Eigennutzes geführt hätte!
Er hatte schöne Gaben und war ein gewandter Mann!“
Mit
ihm hatte Pastor Garlipp manchen Streit zu bestehen, z.B. anno 1840 als Schulz Wischer im Frühjahr ein
Gebot verließ, daß während Saat- und Erntezeit die Tauben je 4 Wochen
eingesperrt werden sollten.
1837
bekam die Kirche einen neuen Altar. Im selben Jar rückte Rochau näher an die
größere Verkehrsader. Es wurde die Chaussee von Magdeburg über Stendal,
Häsewig, Osterburg nach Wittenberge dem Verkehr übergeben. Die Fahrten zur
Kreisstadt wurden erleichtert.
Das
Leben Pastor Garlipps aber wurde schwerer.
„Solange
nicht nur in meiner hiesigen Stellung, sondern auch als Gatte und Vater ein
glücklicher Mensch, wurde ich im Jahre 1838 von einem harten Schlag der
göttlichen Vorsehung getroffen. Mein gutes Weib Charlotte Dorothea starb am
29.Juni morgens 3 Uhr an der Auszehrung, nach dem sie ein halbes Jahr kränklich
und krank, ja, fast ¼ Jahr bettlägerig gewesen war. Schwach in der Brust war
sie von Natur. Dessen ungeachtet war sie tätig, oft über ihre Kräfte, und
brachte diese ihre Tätigkeit und mehrerer, nacheinander folgenden Erkältungen
auf Reisen zu Bekannten und Verwandten den Anfang eines bedeutenden Brust-,
insbesondere Lungenübels, und endlich ihren Tod hervor. Sie ist am 2. Juli zu
ihrer letzten Ruhestätte getragen und diese mit einem Gitter versehen. Die
Leichenpredigt hielt ihr mein Freund und Amtsnachbar Pastor Dietarici aus Groß
Ballerstedt. Gott schenke ihr sanfte Ruhe im Grabe und seligen Frieden in
Ewigkeit.
1839
den 8. Februar habe ich mich abermals verheiratet mit Jungfrau Henriette
Wilhelmine Wegener, geb. 1808 am 12.Juli, einzige Tochter des im Jahre 1836
verstorbenen Pastor Joh. Gottfried Wilh. Wegener und dessen Ehegenossin
Elisabeth, geb. Schulz, deren Vater Prediger an der Johanniskirche in Magdeburg
war; Kopuliert hat uns der Superintendent Woltersdorf in Osterburg. 1840 den
23.Februar morgens 2 Uhr ist mein Sohn Gustav Wilhelm geboren und am 1.April
von Pastor Dietarici in Ballerstedt getauft. 1841 den 16.Mai mittags 2 Uhr ist
mein Sohn Johann Rudolf geboren und am 10.Juni morgens von mir getauft. Paten
waren meine Schwiegermutter, Frau Prediger Wegener - hier, Schulze Wischer,
Küster Dobberkau. 1842 den 16.November starb meine Frau Wilhelmine, geb.
Wegener, nach fast 9 wöchentlichem Nevenfieber. Pastor
Büttner aus Gr.Schwechten hat die Beerdigung besorgt. 1843 den 27.Januar starb
meine Schwiegermutter Elisabeth Wegener im 79.Jahr. Wollen wir das ganze Leid
der letzten Amtsjahre von Pastor Garlipp beprüfen, so hören wir, daß er selber
Johanni 1842 bereits mit 36 Jahren, einen Schlaganfall hatte, daß seine linke
Seite lähmte, so daß seine Nachbaramtsbrüder für ihn predigen mußten. Als
Halbgelähmter sah er Gattin und Schwiegermutter sterben. Da nahm er sich 1843
einen Kandidaten Schuhmann aus Dretz an, dann den Prädikant Hiersche, während
zu Abendmahlsfeiern die Amtsnachbarn Becker -Neuendorf, Willing - Kl.Schwechten,
Dietarici - Ballerstedt und Büttner - Gr.Schwechten rüberkommen. Alle hoffen
mit dem Kranken, der teure Amtsbruder würde noch einmal gesund seinem Amt und
den Seinen gegeben werden. Aber es war nicht also des Herrn Wille. Auf einer
Reise nach Potsdam zu einem Homönpathen, namens Lutze, erkältete er sich so,
daß zum 2.mal ihn der Schlag traf, wodurch er gänzlich gelähmt war, daß er kaum
noch gehen konnte. Etwas besserte es sich, aber in der Nacht vom Sonnabend zum
Sonntag, den 27.Juli ward er zum 3.mal vom Schlag gerührt und starb früh ½ 2
Uhr, 39 Jahre alt. Er hinterließ seine Witwe - die dritte Frau - nebst 3 Söhnen
und 1 Tochter. 2 Tage darauf mußte er schon beerdigt werden und dieses geschah
in Gegenwart von 9 Amtsbrüdern, auch 11 Lehrern, die einen Choral sangen, durch
den Pastor Büttner aus Gr.Schwechten, welcher Leichenpredigt und Grabrede
hielt, nachdem der Pastor Görne aus Eichstedt vor dem Hause ein kurzes Gebet,
und Pastor Kühne aus Dobberkau am Grab das Gebet aus der Agende gehalten hatte.
-
X. Johannes Friedrich Gottschick 1846 - 1858
Am
1.Juli 1846 wurde er, ein Schorstedter Pastorensohn, eingeführt. Er war
verheiratet mit Amanda Burthe Auguste Amen. 5 Kinder wurden ihm hier geboren,
von denen 2 Töchterlein hier starben.
Er
erlebte den Anschluß Stendals im Jahre 1849 am 1.Juli an die Bahnstrecke
Magdeburg, Stendal, Osterburg - Seehausen. Es waren jene Jahre, als durch
eingewanderte Pfälzer der Tabakanbau in der Altmark im größeren Stil
aufgenommen wurde. An Naturalien erhielt er zu Weihnachten 13 Brote aus Rochau,
7 aus Schartau, und ebensoviel Würste. An Eiern zu Ostern 11 Schock und 13
Stück, an Jagdpacht 4 Hasen, 4 Rebhühner, 5 Pfund Wolle aus Schartau, an
Geflügel 8 Hähne und 1 Huhn pro Jahr.
1858
zog Pastor Gottschick nach Berg bei Eilenburg.
XI. Friedrich Gottlieb Reinsdorf 1859 - 1863
Da
die Patronen diesmal auf die Pfarrbesetzung verzichteten, berief das
Konsatorium zu Magdeburg 1859 den Rektor und II. Prediger an der Johanniskirche
zu Halberstadt, Friedrich Gottlieb Reinsdorf nach Rochau. Er war Witwer, 49
Jahre alt. Er verheiratete sich am 1.November 1859 wieder mit der
Oberförstertochter aus Lindau bei Zerbst, Henriette Karoline Johanna Lisette
Friedericke, geb. Regler. Am 22.09.1861 wurde ihm die Tochter Karoline Luise
Fredericke geboren. Es herrschte Scharlach. Das Kindchen verstarb daran am
4.Januar 1863, 17 Tage später ihre 9 Jahre alte Stiefschwester Anna Louise
Albertine Gisela! Da starb dieser anscheined gesunde und starke Pastor Pastor
Reinsdorf nach 4 jähriger Amtsführung, wohl an Leberkrankheit im selben Jahr am
9.Mai. Es ging damals das Gerede, in Rochau werde kein Pastor alt. Ein großes
Bild Pastors Reinsdorf hing früher im Kanzelbogen der Kirche. Nun befindet es
sich auf dem Parrboden. Außerdem ist von ihm eine sehr genaue Beschreibung des
kirchlichen Lebens seiner Amtsjahre in den Akten erhaltengeblieben:
Für
die Taufe wurde an Gebühren und für die Mahlzeit 15 Groschen, für jeden
Gvatterbrief 1 Groschen 13 Pfennige, Hebammengeld 2 Groschen gegeben.
Bei
der Trauung: kirchliche Aufgebot 7 Groschen
6 Pf., Traurede und Brautsuppe 2 Taler 7
Groschen 6 Pfennige, ein Schnupftuch in Natura oder 7 Groschen 6 Pfennige,
Altaropfer bei Vermögenden 10 Gr., bei Armen 5 Gr. -
Jede
Urkunde kostete 7 Groschen 6 Pfennige.
Bei
Begräbnissen: Predigt mit Lebenslauf 2 Taler 7 Gr.,
6Pf., Altarreden 7 Groschen 6 Pf., wenn die Leiche ohne Ansprache ausgesegnet
wurde 15 Groschen, bei einem stillen Begräbnis Erwachsene 10 Gr., Kinder 7 Gr.
6Pf., Krankenmahl 7 Groschen 6Pfennige -
Vom
Beichts- und Abendmahlsgeld ¾Teil, bei Trauungen und Begräbnissen ½ Teil
Opfergeld.
Predigtgottesdienste:
Rochau um 10 Uhr, Schartau 12Uhr. In Schartau kommen die Leute pünktlicher wie
in Rochau, denn bei schlechten Wegen und Wetter verzögert sich oft, wenn der Pastor
von Schorstedt kommt, die Anfangszeit.
5Passionsandachten, jeden Donnerstag in der Fastenzeit um 8 Uhr morgens.
Seit
dem 7. Juli 1745 findet an diesem Tage ein Hagelfeiergottesdienst statt, in
Rochau um ½ 8 morgens, in Schartau 12 Uhr. Rochau zahlt nicht wie früher
üblich, 2 Taler vom Schulzenamt dafür, aber Schartau aus der Dorfkasse 11
Groschen 3 Pfennige durch den Schulzen.
8 mal jährlich Abendmalfeiern in Rochau, in
Schartau 6 mal, und zwar in Rochau 3 mal in der Passionszeit, von Pfingsten bis
Erntezeit 2 mal, dann bis zum Advent 3 mal. Nach der Sonntagspredigt gleich
Beichte dann Abendmahl. Die üblichen Beichtlieder sind „Aus tiefer Not“ oder
„Ich will von meiner Missetat ...“. Der Konfirmandenunterricht findet 2
Winterhalbjahre lang in wöchentlich 2 Stunden statt, Montags
und Donnerstag von 11 - 12 Uhr. Bei der Einsegnung, die in Rochau immer am
Palmsonntag stattfindet, wird zu Anfang gesungen: „Ich bin getauft auf deinen
Namen ...“. Die Konfirmanden werden vom Pfarrhaus zur Kirche geführt. Das
Abendmahl der Neukonfirmierten ist ab 1860 Gründonnerstag 9 Uhr.
Weihnachten
ist am Heiligenabend um 7 Uhr eine Abendandacht, liturgisch mit kurzer
Ansprache. Auch hat Pastor Reinsdorf einen Sylvestergottesdienst um 7 Uhr , wobei die Kirche auf Kirchenkassenkosten erleuchtet
wurde, gehalten. Am Heiligen drei Königstag vormittag ein Missionsgottesdienst.
Am Karfreitag nachmittag 3 Uhr in der Sterbestunde des Herrn wird eine
Festliturgia mit Gesang, gebet und Schriftverlesung gehalten, die aber der
Kantor verliest, weil der Pastor von seinen 3 Karfreitagspredigten in Rochau,
Schartau, Schorstedt sich erschöpft fühlt, aber mit seiner Familie in der
Pastorenbank daran teilnimmt. Zum Schluß dieser Feier läuten alle Glocken und
die Gemeinde singt den Choral „Nun gibt mein Jesus gute Nacht“.
Nach
der Hebstsaatzeit, also Martini bis zur Passionszeit hält der Pastor Donnerstag abends ½ 8 - ½ 9 in dem Schulzimmer Bibel- und
Missionsstunden.
Bei
der Taufe ehelicher Kinder dürfen 5, bei unehelichen nur 3 Taufpaten genommen
werden, und zwar im letzteren Fall nur ältere, verheiratete Leute.
Es
wurde auch wieder der alte Brauch eingeführt, daß sich Abendmahlgäste vorher im
Pfarramtszimmer persönlich anmelden zur Eintragung ins Beichtbuch.
Oft
begehrte Krankenkommunionen finden, zumeist nach Abendmahlgottesdiensten in der
Kirche, in den Häusern statt. Die Küster begleiten den Pastor und tragen Kelch
und Hostie. Bei Todesfällen muß sogleich der Pastor benachrichtigt werden,
durch die nächsten Angehörigen. Dann findet am Morgen um 9 Uhr das sogenannte
„Überläuten“ in 3 Pulsen statt, welches meistens die Nachbarn verrichten. Die
meisten Beerdigungen geschehen in feierlicher Prozession mit Glockengeläut und
Teilnahme fast der ganzen Gemeinde. Dazu ist unter Anschlagen der großen Glocke
das Leichengefolge im Trauerhaus zusammengekommen. Der Kantor holt den Pastor
ab und begleitet ihm dorthin. Nach Begrüßung der Leidtragenden durch den Pastor
wird das gewählte Sterbelied gesungen. Dann betet er am Sarg, verließt
Bibelworte, und segnet die Leiche aus, schließt mit den Worten zur Leiche:
„Ziehe hin in Frieden,“ zu den Trägern „Nun in Gottes
Namen.“ Dann setzt sich der Leichenzug Pastor, Küster und Schulkinder vor dem
Sarg unter Absingen von „Jesus, meine Zuversicht“ voran, zum Friedhof und grab
in Bewegung. Dort agentorische Feier, Gebet, Vaterunser, Segen. Nun läuten die
Glocken unter dem Lied „Nun laßt uns den Leib begraben“, dann stilles Gebet der
Angehörigen, rechtsherum gehen sie um den Grabhügel, und mit ganzem
Leichengefolge gehen sie in die Kirche. Während der ersten Worte eines
Begräbnisliedes halten Angehörige und Trauerversammlung den Opferumgang um den
Altar. Von der Kanzel folgt die Leichenpredigt und der
besonders zu bestellende, vom Pfarrer verfaßte Lebenslauf des Toten. Nach dem
Segen werden zumeist die Schlußworte des Liedes „O` Haupt voll Blut“ gesungen, nämlich „Wenn ich einmal soll
scheiden ...“ worauf nach stillem Gebet die Trauer Versammlung die Kirche
verläßt.
XII. Georg Eduard Rudolf Lipke 1864 - 1883
Er
war Pastorensohn aus Elversdorf. Auf Wunsch von Superintendent Borghardt aus
Stendal vertrat er die Pfarrstelle ab 1.Juli 1864, bei der entgültigen
Besetzung entschied das Los für ihn. Er bemerkte dazu das
Bibelort „Getreu ist er, der uns beruft“. Am 22. Sonntag nach Trinitatis, den
23.Oktober 1864 wurde er vom Superintendent eingeführt, nach dem er sich am
4.Oktober mit der Pastorentochter Anna Elisabeth Schindel aus Barsikow
verheiratete. Er war der kinderreichste Rochauer Pfarrer. Von 1868 bis 1882,
also in 14 Jahren, wurden im Pfarrhaus 11 Kinder geboren, 1 Sohn und 10
Töchter.
Zwischen
Pastor Reinsdorfs Tod und Dienstantritt von Pastor Lipke war im Mai 1863 in
Schwarzenhagen eine Feuerbrunst gewesen, bei der die Bauern Friedrich Storbeck
und Johann Friedrich Mäcker ums Leben kamen. Um die Zeit des Krieges gegen
Östereich, 1866, sind viele Todesfälle gewesen an Typhus, Pocken und
Kindercholara. Nachdem kurze Zeit die Pfarrstelle Schorstedt an Pastor Kühne in
Dobberkau übertragen war, bekam Pastor Lipke hier sie wieder übertragen am
1.4.1875. Da Pastor Kühne trotz Befehl des Konsistoriums sich zur Übergabe
weigerte, mußte ihm am 30.April durch Kommissare des Konsistoriums in seinem
Dobberkauer Pfarrhaus die Kirchenbücher zwangsweise abgenommen werden. Dann erst
konnte Pastor Libke Schorstedt wieder Übernehmen. Er, auch sein Nachfolger
Wildberg versorgten fortan neben Schartau auch Schorstedt mit.
Am
Sonntag, den 7.Juli 1867 eröffnete der Schulzensohn Karl Wischer in Rochau
einen Schützenverein mit großem Festjubel, sodas der Pastor die hier immer
übliche Hagelfeier nicht abhalten konnte. Wie ein Gottesgericht schlug da am
Sonnabend, den 19.September in früher Morgenstunde der Blitz in Wischers Hof
und brannte alle Gütergebäude, auch die des Nachbarhofes Nr.37 ab. Im Jahre
1871 übergab dann der alte Schulz Wischer seinen Hof, den er durch Zukaufen
sehr vergrößert hatte, diesen vorher erwähnten Sohn Karl. Dieser blieb bis
April 1911 Dorfschulze, wo er nicht wieder gewählt wurde, sondern für ihn
Hermann Rahmsdorf.
Auf
dem von Wischer später aufgekauften Hof Nr.9 nach alter Zählung, heute 3
Leutehäuser von Springesgut, südlich der Kirche, starb 1868 der Altsitzer
Joachim Erdmann Mertens, er war sparsam, ja, wie es im Kirchenbuch heißt
„sparsam bis zum Geiz gewesen“. Der Sohn wurde durch seine Verschwendung eine
Schande und Verderben der Seinen. Er spielte den Grafen und warf das Geld mit
vollen Händen fort, indem er in Magdeburg und anderen Orten ein liederliches
Leben führte. Seine Frau endete jämmerlich, durch ihn angesteckt, an eine
Geschlechtskrankheit. Ihr Leichentext waren Worte aus dem 31.Psalm: „Es geht
mir so übel, daß ich bin nun große Schmach geworden meinen Nachbarn, und eine
Scheu meinen Verwandten, die mich sehen auf der Gasse fliehen vor mir. Ich bin geworden
wie ein zerbrochenes Gefäß. Ich aber, Herr hoffe auf Dich!“ In den selben Tagen
hatte ihr Mann schon heimlich den Hof verkauft an Schulze Wischer und
Handelsmann Schartau - Polkau, die weiter an den Schulzen und Ackermann Joh.
Joach. Friedr. Weber aus Schönfeld. Der bisherige bankrotte Hofbesitzer trat in
den Dienst der Magdeburger - Halberstädter Eisenbahn. Von der
selben entlassen kehrte er frech hierher zurück, bis er wegen Betrugs
steckbrieflich verfolgt Ende 1879 nach Amerika ging.
Vom
alten Hof 15 starb am 30.Juni 1870 die Jungfer Dorothea Elisabeth Schernikau,
80 Jahre alt. Sie war eine echte, christliche Diakonissin aus dem Volke
gewesen. Da sie wegen einer verkrüppelten Hand sich nicht verheiratete, diente
sie Gott aufs treuste als Pflegerin bei verschiedenen alten Leuten bis zu deren
Ende. Sie führte einen musterhaften Wandel von Jugend auf. Zuletzt war sie
selbst fast 6 Jahre bettlägerig. Nirgends ist mir mehr kindliche, freudige
Frömmigkeit entgegen getreten, als an ihrem Bette. Sie lebte ganz im Worte
Gottes! Ihr Bruder Johann Joachim Schernikau, geb. am 9.Januar 1796, war der
einzige Gefallene des Dorfes aus dem Freiheitskrieg. Er erlitt den Tod im
Gefecht bei Fleurus (Schlachten um Waterloo und Bolle -Aliance).
Im
Krieg 1870 fiel am 16. August als Reiter im 16.Ulanenregiment während des
Todesrittes von Mars la Tour der Rochauer Bauernsohn Karl Christian Rahmsdorf,
22 Jahre alt.
Auf
dem Hof, östlich der Schule lesen wir: „Am 8.Oktober 1873 starb die Witwe Anna
Elisabeth Rahmsdorf, im Alter von 43 Jahren und wurde an dem Tage, der für die
Hochzeit ihrer ältesten Tochter Anna mit Gottfried Christ. Klingbeil
festgesetzt war, am Freitag, den 10.Oktober beerdigt. Die Hochzeit war am
folgenden Tag, den 11.Oktober, während am 17.Oktober der Verstorbenen Sohn,
Karl Rahmsdorf, in Erxleben Hochzeit hielt.
Am
15.3.1870 war die Bahn Stendal - Salzwedel - Uelzen eröffnet, am 1.02.1871 die
Bahn Berlin - Stendal - Gardelegen. Seit August 1860 gab es einen
Gemeindekirchenrat. Zur Zeit Pastor Reinsdorf stehen
in seinem Protokollbuch Klagen verzeichnet über das Läuten bei Todesfällen, wo
die jungen Nachbarsleute im Turm die Glocken oft 3 Stunden läuten und „auf dem
Turm mit alkoholischen Getränken traktiert wurden.“ Mit Dienstantritt Pastor
Lipkes kam Kossath Hupe in den Kirchenrat, 1864. Über 80 Jahre ist nun schon
dieses Amt in der Familie verblieben. In den Sitzungen damals wird oft über den
Geiz der Dorfbewohner Klage geführt, auch über die Saufgelage bei Beerdigungen
im Krug; desgleichen nehmen die Verwahrlosung der
Jugend überhand.
Wir
kommen zu den Ereignissen der Kirchenrenovierung.
1835
ist der Taufstein angeschafft für 1 Taler. 1836 das Altarkruzifix für 6 Taler,
1850 wurde für den Pastor ein Talar für 7 Taler beschafft; 1856 die Kirche für
8 Taler geweißt; 1857 ist der Anbau am Hochchor, heutige Leichenhalle für 45
Taler errichtet. 1864 begann die Sammlung für eine Orgel in der Kirche. Als die
Schartauer Kirchenältesten am 21.Juni 1886 zur Sitzung nach Rochau kamen,
mußten sie wegen einer Feuerbrunst in ihr zurück.
Am
Ende des französischen Krieges erfolgte 1871 die große Renovierung des Rochauer
Gotteshauses. Die schadhafte Decke war durch Träger mitten im Kirchenschiff
solange abgestützt. Nach Erneuerung der Decke kamen sie wieder weg. Das alte
Gestühl und die alten Emporen wurden erneuert. Die alte Empore im Hochchor auf
der Südseite abgenommen. Zimmermeister Borghardt in Osterburg verrichtete die
Arbeiten. Im Kirchenschiff kamen statt der alten, flach gewölbten Fenster die
heutigen mit romanischen Rundbögen eingesetzt. Die Haupttür an der Südseite des
Kirchenschiffs wurde zugemauert, als Haupteingang die große Turmtür
ausgebrochen. War der Turm früher ein finsteres Loch voller Totengebein
gewesen, wurde er jetzt eine lichte Vorhalle. Die alte Turmtreppe außen an der
Südseite des Turmes zum 1. Turmfenster als Eingangstür verschwand, im Turm
wurde die Treppe zum Uhrstockwerk neu angefertigt. Am Anbau der Nordseite des
hohen Chors, dessen Dach vom Kirchendach fast auf den Erdboden reichte, in
dessen Gewölbe auch die Gebeine Pastor Schlehensteins ruhten, wurde alles
aufgebrochen, die kleine Eingangstür vermauert, auf beiden Seiten des Hochchors
neue romanisch gewölbte Fenster eingesetzt, aber in der Altarnische zwei
Fenster zugemauert, und nur das Ostfenster gelassen. Die Gesamtkosten, die
Malerarbeiten mitgerechnet, betrugen 4400 Taler. Am 22.Sonntag nach Trinitalis
wurde beim Visitationsgottesdienst durch Superintendent Dr. Burkhardt aus
Stendal die renovierte Kirche neu eingeweiht. Im Jahre darauf, 1872 wurde
ähnlich die Schartauer Filialkirche renoviert.
In
jener Zeit war neben Tabak auch Hopfen in Rochau angebaut und einige Jahre der
Kirchenboden zum Hopfentrocknen vernietet. Am 12.Juli 1877 riß ein Blitzschlag
am Turm die rechte Dachseite auf.
1882
erbaute Orgelbauer Voigt - Stendal die 2 manualige kleine Orgel nebst Pedal für
2300 Taler.
1883
wurde Pastor Lipke auf die Pfarrstelle seines Schwiegervaters, nach Bartikow
bei Neustadt an der Dosse gewählt und zog im Herbst von Rochau fort.
XIII. Pastor Hans Wildberg 1884 - 1927
Vom
1.Januar 1884 amtierte in Rochau Pastor Wildberg. Er war Pastorensohn aus
Estedt, geb. am 16.04.1857. Am 17.April 1884 wurde er in Berlin mit Wanda
Dahme, in Jaslo in Galizien, am 15.02.1861 geboren, getraut. Von seinen Kindern
starb im 1.Weltkrieg eine Tochter als Studentin an Lungenleiden, und ein Sohn
fiel.
Pastor
Wildberg führte im Mai 1885 ein, daß zu Schulanfang täglich die kleine
Turmglocke geläutet wurde.
1887
wurde das Pfarrhaus von Grund auf renoviert und erhielt ein Schieferdach.
Der
langjährige Küster, Kantor und Lehrer
Dobberkau ging in den Ruhestand, Kantor Hohmann wurde sein Nachfolger. Als die
Kirche das Schulhaus umbaute un mit einer 2. Schulklasse erweiterte, gab es
manchen Ärger mit den Kirchenpatron von Arnim auf
Köckte. 1894 wurde von Maurermeister Steffens der neue Pfarrstall erbaut. Harte
Zucht hielt Pastor Wildberg unter der Jugend und gab oft Schläge. 1895 wurde
zur mittleren, verbleibenden Glocke die große umgegossen und eine kleine neu
gegossen gegossen von Glockengießer Collier. 1904 wurde der Pfarrhof mit einer
Ziegelmauer umgeben, 1905 die kirche mit Fliesen ausgelegt.
1907/1908
wurde Rochau Bahnstation der Strecke Stendal - Arendsee. Auch die Chausseen in
den Jahren von Rochau nach Schartau wurden gebaut, 1901 bis Häsewig. 1911
wurden Kirche und Pfarrhaus an das elektrische Ortsnetz angeschlossen.
Kurz
vor Ausbruch des Weltkrieges wurde durch Maurermeister Möllmann das Pfarrhaus
zum Pfarrgarten für um 1 Zimmer, Speisekammer und Badezimmer erweitert und ein
mit Dachpappe gedeckten Anbau, und auf der Ostseite des Pfarrhofes ein
Jugendheim, zu Konfirmandenunterricht und Nebengottesdienst neu erbaut,
zwischen ihn und der Achterstraße ein Grasgarten für das Pfarrgeflügel
ummauert.
In
den Weltkrieg wanderten 2 Glocken. Zu der verbleibenden wurden 1919 2 neue
Gußstahlglocken von 17 und 30 Zentner Gewicht bei der Firma Ulrich und Wente in
Brockiner/Harz gegossen.
Aus
seinem Amtsleben schrieb Pastor Wilberg für seinen Nachfolger folgendes auf:
Der
Geist der zeit bringt es mit sich, daß die Familienfeste zugunsten der
öffentlichen Lustbarkeiten, Vergnügungen und Versammlungen herabgesetzt werden.
So pflegt man bei Taufen keine großen Mahlzeiten und Zechgelage zu
veranstalten, sondern die Taufe für gewöhnlich nach Schluß der kirchlichen
Feier mit dem festlichen Kaffee abzutun. Dabei ist allerdings von jeher die
Neigung hervorgetreten, die Taufe mit großen Festen, wozu auch das Schützenfest
in Rochau gerechnet wird, zu verbinden, um des einmal vorhandenen Kuchens und
des sicheren Besuches der Verwandten und um der Gelegenheit des Tanzes Willen.
Wo Karten gespielt oder getanzt wird, geschieht es wohl regelmäßig hier zu
Lande aus Mangel an geistiger Beweglichkeit, Unterhaltung und Beschäftigung.
Ist die Frau des Pastors eingeladen, so tut sie gut, sich auf das Angeben von
allerlei spielen vorzubereiten, wenn es sein muß. Die gute Sitte, daß bei
unehelichen Kindern nur 3 verheiratete Leute als Paten zugelassen werden, ist
noch nicht durchbrochen. Bei Familienfesten wissen sich die Gemeindemitglieder
nicht auf die Dauer zu unterhalten; wenn sie Karten spielen oder tanzen oder
persönliche Verhältnisse durchhecheln. Die Patenbriefe an die Gevatter schreibt
der Pastor, wenn nicht ein sehr schreibkundiges Familienmitglied es übernimmt.
Bei
der Konfirmation versammeln sich die Kinder um halb 9 Uhr vor dem Pfarrhaus und
gingen beim Läuten zur Beichte in das Amtszimmer des Pastors, wo 2 Reihen
Stühle für Knaben und Mädchen längs in der Reihe gesetzt waren. Dort warteten
sie, bis der Pastor sie im feierlichen Zug zu zweien oder dreien in die Kirche
abholte. Dann 5 Minuten vor 9, ein paar ernste Ermahnungen und letztes Gebet,
dann Gang zur kirche gemeinsam durch die kleine Kirchentür. Die beiden Reihen
der Kinder sitzen im Hochchor in Längsreihe. Bei der eigentlichen Einsegnung
geht der Pastor zwischen den beiden Reihen durch, wo die Kinder sitzen. Kommt
er an die ersten links heran, erheben sich 3 Kinder, knien nieder und lassen
sich die hände auflegen; nach dem Spruchsagen setzen sie sich wieder hin.
Währenddessen läutet es noch, nachdem sie schon bei Absingung des Liedes „Ach
bleib mit dieser Gnade“ - ohne Orgel - auch geläutet hat. Zum Abendmahl treten
die Kinder mit ihren Eltern zum Altar seitlich heran. Nach der Kirche begeben
sich die Konfirmanden zum Amtszimmer des Pastors und bleiben noch eine viertel
Stunde zum Abschied, wobei jeder nach seinem Enschluß für die Zukunft gefragt
wird und ermahnt wird, Ehrfurcht vor Lehrer, Pfarrer und Eltern zu behalten und
den Gruß auf der Straße niemals zu vergessen! Ein Briefumschlag mit einem
schriftlichen Abschiedsgruß wird von jedem kinde auf den Tisch der Amtsstube
gelegt. Die Geldscheine darin sind äußerst gering geworden. Für die üblichen
Zusammenkünfte der Konfirmanden zum Kranzwinden hat der Pastor offen erklärt,
daß er dazu nicht seine Erlaubnis gäbe, weil viele Zusammenkünfte Anlaß geben
zu sittlicher Verwilderung. Die Kirchenreinigung zur Konfirmation hat die
Pastorfrau mit ihren Mädchen und den Konfirmandinnen selbst geleitet und
ausgeführt, auch die Schmückungsart angeordnet. Die Kirchhof steige sind von
den Knaben gereinigt. Traurig ist es, daß kaum noch eine günstige Vereinbarung
mit der Schule über die Stundendes Konf. Unterrichts möglich ist. Und da die
Eltern überzeugt sind, daß für die Kinder die Arbeit auf dem Felde, besonders
das Weiden des Viehs vorgehen muß, hat der Pastor im Winter doppelte Stunden
gehalten. Mittwoch und Sonnabends im Pfarrhaus von 11
- 12 Uhr. In der Schule liebte man das Auswendiglernen nicht und empfielt und
empfiehlt das Lernen im Konf. Unterricht als Offensive. Eine Abneigung gegen
die Religion ist deutlich zu spüren. Leider ist beinahe 1/3 der Kinder für den
Unterricht noch gar nicht reif, da sie nicht lesen können!
Zusammenkünfte
junger Mädchen im Pfarrhaus in jeder Woche des Winters von 20 - 22 Uhr mit
Gesang, Vorlesung, dann Gesellschaftsspiele mit der Pastorfrau kamen nach der
Gründung einer Königin Luise Gesellschaft - weiblicher Stahlhelm - wegen jener
Jungmädchenabende langsam ab. Die Mütter sind so unverständig, die Kinder immer
wieder auf die herrliche Lust des Tanzes hinzuweisen, die sie von der
Konfirmation an frei und offen genießen dürfen.
Zum
Abendmahl kommen in Rochau von etwa 860 Einwohnern etwa 380 jährlich zu Tisch
des Herrn, in Schartau von 140 wirklich 140, weil an der Sitte des 2 maligen
Besuches im Jahr dort festgehalten wird. Die haltung der Abendmahlgäste ist
ernst und feierlich, wie pressen die meisten Frauen, wenn sie aus dem Kelch
trinken sollen, den Mund zusammen und sind beleidigt, wenn dann ein Tropfen auf
das Kleid kommt. Die Verbeugungen und Knixe sind oft so, als ob sie zum Tanze
antreten wollen. Es fehlt das Verständnis für das Heilige.
Der
Aberglaube ist stark verbreitet. Wenn bei einen Krankenabendmahl der Kelch mal
im Hause bleibt, pflegt man an manchen Stellen den Goldrand desselben
abzukratzen, um daraus einen Zaubertrank zu bereiten, der einem kranken
Menschen oder Haustier helfen muß.
Bei
der Beichtrede glauben manche in der Rede des Pastors Spitzen gegen ihre Sünde
herauszuhören, sie mußten gar nicht zugeben, daß sie überhaupt Sünde hätten.
Die schwerste Sünde dünkt es ihnen, daß sie mit ihrer Gesundheit nicht
vorsichtig waren. Selten hört man von den Ausdruck
eines versöhnlichen Herzens gegen feindliche Verwandte. Meist findet man Härte
und Kälte. Der Lehrer kommt niemals mehr mit zur Hauskommunion, da er nicht
gewillt ist, ein Helfer des Pastors zu sein.
Bei
Trauungen hat die Zahl der „ehrlichen“ Paare immer mehr abgenommen. Manche
Mütter ermuntern ihre Töchter, sich in alles zu ergeben, damit sie einen Mann
bekommen. Die Traurede mit ersten Rügen wirkt nur zur Abwendung von der Kirche,
weil sie ja sogut wie eine Traurede, die Lob enthält, bezahlt werden muß, und
bezahlen will man doch nur, was wohl tut, nicht was weh tut.
Bei
Begräbnissen ist es nun amtlich verboten, daß im Hause, während der Pastor
spricht, der Sarg noch offen ist. Bei Beginn der Feier muß er geschlossen sein.
Bei einem etwaigen Gastmahl Zuhause nach der Trauerfeier wagt man nicht, die
Spielkarten vorzuholen, wenn der Pastor da ist. Man wartet auf dessen
Unterhaltung.
Es
gab eine kirchliche Volksbibliothek von etwa 300 Bänden. Die Nachfrage war sehr
verschieden. Wenn in einem Winter viel Schnee fiel, war sie am meisten besucht.
Sost wird das Lesen meist als Trägheit und Müssiggang angesehen. Weil man keine
Ahnung hat von der Denk - Arbeit, hält man alles Lesen für angenehm und leicht,
um groben und schweren Arbeiten aus dem Weg zu gehen. Nach der Erfahrung des
Pastors suchen die meisten auf den letzten Seiten den Gang der Geschichte
vorweg zunehmen und gehen dadurch der besten Früchte des Lebens verlustig.
Familienabende hat der Pastor viele veranstaltet abends von 8 - 10 Uhr im
Gasthofsaal. Den Vortrag dabei hielt oft ein anderer Pastor über Mission,
Gustav Adolf - Verein. Auch wurde aus alter Zeit des Ortes berichtet. Dann
wurde man anspruchsvoller, Theaterstücke mußten geübt werden. Die
vaterländischen Vereine waren darin bald voraus. Jetzt sollen stets „längere
Theaterstücke“ im Mittelpunkt stehen. In Rochau unter Leitung von Lehrer Harke
und in Schartau unter Lehrer Müller sind Männergesangsvereine. Auf mehrfache
Bitten haben sie auch in den Kirchen gesungen. Im allgemeinen
ist Rochau wenig musikalisch.
Bis
zur Inflation mußte das 1842 errichtete kleine Anwesen an der nördlichen
Kirchhofsmauer (heute Frau Meier) an den Pfarrer jährlich 12 M Erbpacht zahlen,
da es auf altem Pfarrgartengrund erbaut ist.
Der
Weltkrieg 1914 brachte viel Aufregung. Es fanden ungefähr 30 Gedächnisfeiern
für Gefallene statt. Auf dem Denkmal des Kirchhofs stehen 25 Namen. Manche
Siegesgottesdienste wurden gefeiert. Mit dem Jahr 1917 begann fieberhafte
Erregung, sinkende Zuversicht und schlotternde Angst.
Nach
dem Kriege tobte von 1922 ab ein Kampf der Kirche und des Pastors mit den
Pächtern von Pfarr- und Kirchenland, die passiven Widerstand gegen die
Pachteinigungsamtsentscheidungen leisteten. Stets werden den Pastoren von der
Behörde Aufträge erteilt, mehr Geld aus Pfarre und Kirche herauszuschlagen. Und
stets kehrt bei den Sitzungen der kirchlichen Organe die Lust wieder, gegen
alle Vorlagen der Behörden zu protestieren und opponieren.
Das treibt von einer Sitzung zur anderen. Man selber wird dazu getrieben,
Psychologe zu werden und in allen Verhandlungen mit den kirchlichen Vertretern
diplomatisch zu verfahren. Sonst wird man nichts als lauter unerquicklichen
Streit und Zank erleben.
Soweit
die Aufzeichnungen des alten Seelsorgers.
Am
27.07.1927 teilte Pastor Wildberg der kirchlichen Gemeindevertretung mit, daß
er nach 41 Rochauer Amtsjahren zum Herbst in Ruhestand treten wird. Er werde
nach Bad Oyenhausen umsiedeln. Das Konsistorium schlug vor, die Rochauer Pfarre
nicht mehr zu besetzen, sondern mit Groß Schwechten zu vereinen. Dagegen
sträubte sich die kirchliche Gemeindevertretung und bestand bei dem
Konsistorium auf Neubesetzung.
Pastor
Widberg starb hochbetagt 1943 am 17.Oktober, seine Asche ist im Grab seiner
Tochter beigesetzt auf dem Rochauer Friedhof. Seine Gattin starb 1945.
XIV. Pastor Thilo Roloff
Er
war am 19.11.1870 im Harz geboren und von 1902 ab Pastor in Krüden. In der
Pfarrwahl zu Rochau am 29.Juli 1928 wurde er mit 17 gegen 16 Stimmen hierher
gewählt. Am Sonntag den 18.November wurde er durch Superintendent Alberts -
Stendal feierlich eingeführt.
Er
verlebte die ersten Jahre in Ruhe und Frieden. Da brachte der politische
Umschwung 1933 auch Unfrieden in das Kirchenleben. Die NSDAP besetzte einfach
die Kirchenratsposten mit ihren Parteigenossen, ob sie kirchlich waren oder
nicht. Pastor Roloff hatte manchen Ärger mit ihnen zu bestehen.
Neben Predigt und Predigt und Seelsorge brachte er
das Pfarrarchiv in Ordnung und begann mit Anlegung alphabetischer Verzeichnisse
von Taufen, Trauungen und Begräbnissen.
Er
war ein gern gehörter Prediger, während beim alternden Pastor Wildberg
allmählich, da er keine Redegaben für fesselnde Predigten hatte, die Kirche
leer geworden war.
Wegen
Ärgereien im Kirchenkampf, die der vornehmen Natur Pastor Roloffs zuwider
waren, und wegen Kränklichkeit ging er Oktober 1937 im Alter von 67 Jahren in
den Ruhestand und zog mit seiner Gattin und Tochter nach Stendal, wo er Anfang
Januar 1945 verstarb.
Die
Rochauer Pfarre blieb von Oktober 1937 bis März 1945 unbesetzt. Pastor
Schneider aus Stendal am Anfang, dann Pastor Elsässer aus Neuendorf a/Speck
vertrat hier. Nationalsozialismus und die lange Dauer des 2.Weltkrieges ließen
die Kirchlichkeit so absinken, daß oft nur 6 - 8 Gottesdienstbesucher zu
verzeichnen waren.
Als
im letzten Kriegsabschnitt Ostpreußen von den Russen erobert war, kam der
Chronikschreiber in die Altmark.
Er
war am 17.Juli 1892 in Heiligenbeil, Ostpreußen, geboren. !917 kam er in seiner
Heimat in den Kirchendienst, war von 1933 Großstadtpfarrer an der Haberberger
Kirche in Königsberg Pr.; dazu von 1939 noch nebenamtlich Standortpfarrer an
der Schloß- und Königskirche daselbst, von Juni 1944 verwaltete er auch die
Superintendentur Königsberg. Am 22.März 1945 kam er durch Beauftragung der
Kirchenbehörde nach Rochau mit seiner Frau gezogen un übernahm mit den Karfreitaggottesdienten
hier das Amt und erlebte mit der Gemeinde das bittere Kriegsende und alle Not,
die über Deutschland gekommen ist; er erlebte auch ein Erwachen des kirchlichen
Lebens.
Er
schrieb die Chronik anno 1946.
1950
wurde er nach Thüringen auf die Stadtpfarrstelle Langenberg - Gera gewählt, zog
Juli 1950 dorthin.
XV. Nachtrag zur Vorgeschichte
Im
Oktober 1947 weilte der staatliche Altertumsforscher Dr. Schwarz - Halle zu
Urnenausgrabungen in unserem Dorf. Funde auf dem Ackerstück nach Neuendorf zu
und im Wäldchen vor Wilhelminenhof brachten Urnenscherben von 5000 Jahren Alter
zum Vorschein, auch Andeutungen von ehemaligen Hünengräbern stellten sich raus.
In dem Wald vor Borstel sind schon früher Gräberfunde aus 3 Jahrtausenden
gemacht.
Neben
meinem Pfarrgarten, östlich vom Wäldchen, fand Nachbar O. Dobberkau beim Graben
seines Luftschutzbunkers im Krieg auch Urnenscherben.
So
ist unser Dorf schon seit mehreren Jahrtausenden eine Siedlungsstätte, seit der
Steinzeit.
Die geschichtliche
Entwicklung Rochaus
I.
Entstehung und Entwicklung
Rochau
liegt an der Nordgrenze unseres Kreises.
Es
ist aus zwei Dörfern, Rochau und Schwarzenhagen, am 1. April 1935
zusammengelegt und zählt heute 730 Einwohner. Die Einwohnerzahl ist nach dem 2.
Weltkrieg stark angewachsen, sie betrug 1840 (mit Schwarzenhagen, das bis 1935
ein selbständiger Ort war) 469 Einwohner, 1885: 640 E.,
1892:
700 E., 1900: 659 E., 1910: 703 E., 1928: 706 E. und 1933: 718 E.
Während
viele andere Orte der Altmark durch Abwanderung in die Städte (Landflucht) in
der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts laufend Einwohner verloren, war dies bei
Rochau - Schwarzenhagen nicht der Fall.
Verkehrstechnisch
ist die Gemeinde über die Landstraße II. Ordnung zwischen Häsewig und Schorstedt
von der F 189 Stendal - Wittenberge zu erreichen.
Das
Dorf liegt in einer Nebenmulde der Speckgrabenniederung in leicht welliger
Grundmoränenlandschaft. Die Speckgrabenniederung entstand am Ende der letzten
Eiszeit als „Zubringerzweig“ des Breslau -
Hannoverschen Urstromtals, während die umgebenden Talsand-, Mergel- und
Geschiebeflächen während der Eiszeit gebildet wurden.
In
vorgeschichtlicher Zeit war die Gegend von Stämmen (bzw. Sippen) des
Großsteingräberkreises bewohnt, wovon die Hünengräber bei Schmoor (ahd.
Ossemor), Grünwulsch, Bülitz und Steinfeld Zeugnis ablegen. Um die Zeitwende
erfolgte der Zug der Kaisersöhne Drusus und Tiberius zur Elbe. Sie berichteten
von langbärtigen Germanen; auch spätere Überlieferungen sprechen dafür, daß bis
zum 7. Jahrhundert die Langobarden hier wohnten. Schon vorher, vor allem aber
nach ihrem Abzuge, drängten die Sachsen auf ihrer Südausdehnung in die Altmark
und über diese hinaus. Die Landnahme der Elbslaven war nie kriegerisch, wenn es
auch hin und wieder zu Kämpfen zwischen Rittern und Feudalherren gekommen sein
mag. Während der Sachsenkriege Kaiser Karls des Großen zogen auch die mit ihm
verbündeten Stämme der Obotriten durch die Altmark. Sie wurden nach dem Siege
über Widukind mit entvölkerten oder unbevölkerten Landstrichen beschenkt. Der
auffällige Zusammenhang slavischer Ortsnamen in und entlang der
Speckgrabensenke (Schartau, Rochau, Wüstung Vinskow, Grassau, Belkau, Wüstung
Klinkow, Wüstung Karnipp, (evt. Polkau und Grävenitz) und die Reste runder Dorfgrundrisse
(in Neuendorf/Sp. und Peulingen) läßt darauf schließen, daß unsere Dörfer bei
der Landnahme der Obotritenstämme besiedelt wurden. Die Namen Schartau (1375
scortow, 1436 sartow = Teufelsnest),
Grävenitz (1420 grenennicze), Belkau (1375 belkow), Grassau (1238 grassowe,
1375 grozzowe, 1516 grotzkow) sind einwandfrei wendisch - slavisch. Bei Rochau
ist die Form (1377 rechow) ebenfalls wendisch, aber die Form rocgawe (1238)
weist auf die althochdeutsche (bzw. altsächsische) Wurzel roccogawo, von der
Bedeutung rocc = Heerrufer, gawo = Land, (nhd. Gau),(Hossfeldt - Hädtke), so
daß hier wohl ein durch die Sachsenkriege entvölkertes sächsisches Dorf von den
Elbslaven in Besitz genommen wurde. Dabei wurde natürlich der Dorfname
mundgerecht umgeformt. Die Dorfanlage deutet ebenfalls darauf hin.
Im
12. Und 13. Jahrhundert entstanden Schwarzenhagen, Wittenhagen, deren Endung
„-hagen“ abgeleitet ist vom althochdeutschen hac oder hag mit der
ursprünglichen Bedeutung von Dornstrauch. Der Name hag wurde auf den Zaun oder
das Gehege selbst übertragen, so daß man unter einem Hag einem mit einem Zaun
eingefriedeten Raum verstand. Er läßt Rückschlüsse auf westfälisch - rheinische
Besiedlung zu, während alte Slavendörfer ganz eingingen (durch Abwanderung der
Bewohner oder durch Umzug in größere Dörfer) so z.B. Karnipp (1375 in der
Ortsaufstellung nicht erwähnt, also vorher eingegangen), Vintzkow (ebenfalls)
und die namenlose Wüstung auf dem Flurstück „Alte Kohlgärten“ 1,5 km südlich
von Rochau. Gelegentlich zogen auch die verdrängten Slaven in ein neues Dorf,
das den Namen des alten mit dem Zusatz „Klein-, Suden- oder Rohen-,“ erhielt. In diese Zeit fällt auch die Erbauung der Burg
derer von Rochow und der Kirche, deren Turm wohl mit der westlichen
anschließenden Burg zusammenhing. Sein Bau gleicht einem Burgfried, vor allem
die Einstiegsluken über den ursprünglich von unten nicht zugänglichen
Feldsteinquertonnengewölbe und die mit Holzkeilen verzapften Balken neben der
Westtür dieses Geschosses, die als Widerlagen für einen Podest oder ein
Schutzdach gedient haben können. Solche Podeste wurden bei den Burgen jener
Zeit als Platz für Schützen und als Ausfallpforte für Boten und einzelne
Kämpfer benutzt. Von der Burg sind außer dem Kirchturm und Resten eines
backsteingemauerten unterirdischen Ganges keine Reste mehr vorhanden. Der
unterirdische Gang führte südwärts auf die Wüstung „Alte Kohlgärten“ zu, mithin
muß dieses Dorf bzw. Vorwerk damals noch bestanden haben. Die Kirchtürme von
Schartau, Belkau und Groß-Schwechten sind übrigens ähnlich konstruiert, obwohl
in diesen Dörfern keine Burgen vorhanden waren. Zumindest für Schartau läßt das
den Schluß zu, daß die Kirche nach dem Vorbild Rochaus gebaut wurde, mithin
jünger ist.
Rochau
wurde 1238 erstmals urkundlich erwähnt.
1375
wurden im Dorf 25 Hufen und eine Pfarrhufe gezählt, die von Rochow als
Eigentümer, die von Vinzelberg und von Schulenburg (bei Salzwedel) als
Kirchenpatronen genannt.
1377
hatten die von Rochow Einkünfte im Dorf, also hörige Bauern, außerdem in Schwarzenhagen,
Wittenhagen, Polkau und Schartau. In ältester Zeit soll das Dorf dagegen dem
Ludgerikkloster in Helmstedt gehört haben. Vermutlich war der erste Rochow
Lehnsmann dieses Klosters.
1301
- 1314 war Heinrich von Rochow Vogt in Stendal und bezog einen Teil seiner
Einkünfte von den Rochauer Bauern. Im Jahre 1377 vermacht Kaiser Karl IV.
urkundlich dem neugegründeten Domstift in Tangermünde Einkünfte im Dorf. Später
beuteten der Stendaler Dom, die Kirche St. Marien und das St. Annenkloster zu
Stendal die Bauern in Rochau und Schwarzenhagen aus. Die v. Rochows werden um
1325 urkundlich in Zusammenhang mit Rochau erwähnt, als der Junker Heinrich von
Rochow Burgvogt zu Tangermünde wird. Das Geschlecht starb in den
Raubgrafenkriegen aus. Diether von Rochow war der Kumpan von Diether von
Quitzow und den Itzenplitz`.
Als
im 14. Jahrhundert das Land Stargard und die Uckermark zu Brandenburg kamen,
zog neben vielen anderen altmärkischen Rittern auch ein Rochow mit vielen
Bauern in die den Slaven geraubten Besitzungen. Es gibt heute dort noch z.B.
einen Ort Schartau. Gleichzeitig aber begann eine weitere Verödung der Altmark.
Viele Bauern zogen nach dem Osten, um der drückenden Lasten, die ihnen von den
Feudalherren auferlegt wurden, ledig zu werden, die Pest und die dauernden
Feden der Raubritter, auch Hungerjahre, taten ein übriges. So verschwand gegen
Ende des 15. Jahrhunderts der Ort Wittenhagen. Er war die am längsten bewohnt
gewesene Wüstung in der Umgebung Rochaus. Das Dorf wurde am 20. April 1353
erstmals urkundlich erwähnt. Meinhard von Rochow war bei einem Kleinkrieg gegen
die Vinzelbergs und Alvenslebens in „den Stock“ (Gefangenschaft) geraten. Um
wieder frei zu kommen, verkaufte er Land „ze wittenhagene“. 1375 hatte
Wittenhagen 20 Hufen, davon 2 Pfarrhufen, der Herr ist ein v. Rochow.
Von
13337 - 1375 werden im Kirchenbuch die Ritter von Rochow erwähnt. Ihr Besitz
erstreckt sich über Schartau - Schorstedt - Schmoor bis nach Hohenwulsch.
Außerdem gehörte ihm Polkau und Weißenhagen. Zur Burg der Ritter von Rochow
gehörten vier Rittergüter:
- der heutige Hof Dobberkau, auf dem höchstwahrscheinlich die Burg gestanden
hat
- der frühere Hof von Schmidt und der Hof
von Quast
- der Brühmann Hof
- der frühere Hof von Rahmsdorf
(Klingebeitscher Hof).
Die
Begüterung derer von Rochow lag um den heutigen und um die auf ihm stehende
Kirche herum. Der Kirchturm stand ursprünglich als Wehrturm allein, eine
Holzkirche und das Pfarrhaus abseits auf dem Kirchhof. Um 1120 wurde die
Steinkirche an den Turm gebaut, der Kirchturm war durch schwere, eiserne Tore
von der Kirche getrennt, denn so bildete er die letzte Zuflucht bei einem
Angriff. Von der Kirche soll ein unterirdischer Gang zur Burg zum
Dobberkauschen Hof geführt Haben. Ein anderer Gang soll von der Burg ins freie Feld
führen.
Im
16. Jahrhundert wurde das Backsteintor erbaut. Die Feldsteinmauer ist ebenso
alt wie die Kirche selbst und geht auf die Askanierzeit zurück. Eine
Verwandtschaft zu den in der Askanierzeit erbauten
Feldsteinmauer der Tangermünder Burg ist unschwer festzustellen.
Die
Kirche wird 1375 erstmals erwähnt, sie macht einen anderen, mächtigeren,
trutzigeren Eindruck als alle anderen Dorfkirchen der Umgebung. Der Turm ist in
zwei Geschossen gewölbt und war nur von außen im 1. Stock zugänglich. Die Kirche
ist, bis auf die 1779 vergrößerten Fenster und die Sakristei, sowie den 1813 -
1816 aufgesetzten Dachreiter am Turm, in ihrem ursprünglichen Zustand erhalten.
Die
Kanzel ist 1674 von 2 Patronen und 2 Rochauern gestiftet worden, wie die
Inschrift ausweist. Der Altar, unter dem einzigen nicht veränderten Fenster des
Schiffes, ist nicht eindeutig datiert, sicher aber jünger. Die älteste Glocke
wurde 1654 von den genannten Kirchenpatronen und dem Rochauer Schulzen
gestiftet.
Das
Geschlecht der Herrn, der von Rochow gehörte zu den
berüchtigsten Raubrittergeschlechten der Altmark, die die Bauern schwer
bedrückten. Die Chronik sagt darüber:
„Die
Mitbewohner hatten von diesen Kriegsherren, die nur auf Raub sannen, Ackerlohn,
den sie mit harter Pacht und bitteren Diensten bezahlen mußten.“ Den
Raubrittern wurde schließlich das Handwerk gelegt, nach einer Niederlage wurde
der Ritter Heinrich von Rochow gehängt, während sein Bruder durch den
unterirdischen Gang entkommen konnte. Die Burg zerfiel. 1855 wurden die Baureste
bis zu den Grundmauern abgerissen, worauf Hermann Dobberkaus Haus gebaut wurde,
das heute noch die gewaltigen Grundmauern und Kellergewölbe der Burg aufweist.
In den Fehden und Kämpfen der Raubritter ging auch das Dorf Weißenhagen oder
Wittenhagen zu Grunde.
Das
Dorf lag nördlich der Straße von Rochau nach Goldbeck, der Dorfname ist dadurch
entstanden, daß das Dorf in seiner Umgebung vorwiegend von Birken umstanden
war. Während Schwarzenhagen nur Nadelholz und besonders viel Eichen hatte. Der
Untergang des Dorfes fällt in die Zeit um 1476 - 1501, um die gleiche Zeit
verschwanden auch die Rochows aus unserer Gegend.
In
den folgenden Jahren wechseln die Herren oft, in den Urkunden wird der Ort
selten erwähnt.
1426
war ein so milder Winter, daß um Lichtmeß (2.Feb.) die Obstbäume in Blüte
standen.
Aus
dem Jahre 1488 befindet sich im Archiv des Rochauer Pfarramtes die Abschrift
einer Urkunde, durch welche der Lehnsherr, Phillipp von Vinzelberg, von seinem
Wittenhagener Besitz „zehn Hufen Landes mit seinen Wischen und Hölzungen, so
vorstehen vor dem Dorfe Groß Schwechten in ewiger Erbpacht den bescheidenen und
gemeinen Bauern zum Schwarzenhagen abgibt.“ Das ganze Dorf, das damals wohl
schon längere Zeit wüst lag, wurde (ohne Kirche und Rittergut) an die Bauern
verkauft.
Bis
etwa 1600 diente die Kirche als Gotteshaus für Schwarzenhagen. In den
Visitationsbescheiden 1540 und 1551 wird sie noch erwähnt, 1614 stand sie als
Ruine, bis zur Landseparation waren noch Spuren und Reste vorhanden. Der Ort
ist also bereits etwa 150 Jahre vor dem 30jährigen Krieg eingegangen, während
die anderen Dörfer weit eher wüst geworden sind.
Aus
einer Urkunde von 1493 erfahren wir einige Bauernnamen, so z.B. Joachim
Franzhöfer, Hein Jarchau, Hein Hennikes, Jürgen Hünemörder, Wernecke Plötze,
Hans Drewendt, Heinrich Amelung. Der „Hünemörderhof“ ist 400 Jahre in Besitz
derselben Familie geblieben (heute Thälmannstr. 3).
Im
30jährigen Krieg (1618 - 1648) hat Rochau oft unter Plünderungen der
umherziehenden Soldatenscharen zu leiden gehabt, ebenso wie Schartau. In beiden
Kirchen sind keine Kanzel, Glocken, Altäre, Bildwerke u.ä. älter als 300 Jahre,
d.h. vor 1650 entstanden, während doch alle anderen altmärkischen Kirchen
wenigstens über einige alte Geräte verfügen. Die Dorfbevölkerung ging an den
Folgen des 30jährigen Krieges etwa um 50% zurück.
(Kaphaln:
Wirtschaftliche Folgen des 30jährigen Krieges in der Altmark, Gotha 1911)
Doch
ist das weniger auf Kriegsverluste als vielmehr auf Hunger, Seuchen und
Wegziehen („Auf die Garregehen“) der total ausgeplünderten Bauern
zurückzuführen. Keine der recht ausführlichen Chroniken berichtet über
erschlagene oder gehängte Bauern, wohl aber über totale Plünderungen,
Brandschatzungen, Pest und Hungersnot.
Am
21.02.1626 wurde Polkau durch dänische Truppen geplündert. Zur gleichen Zeit
wurde Rochau überfallen. Teile des Dorfes zerstört, die Kirche ausgebrannt.
Laut Kirchenchronik mußten in den nachfolgenden Jahren hohe Abgaben an die
durchziehenden Söldnerheere geliefert werden. Erwähnt wird Schartau mit 6
Bauern, Rochau nicht. Dies läßt mit großer Wahrscheinlichkeit darauf schließen,
daß Rochau in diesen Jahren wüst war.
Die
dänischen Truppen kamen von Tangermünde nach Stendal und wurden von Wallenstein
über die Elbe vertrieben. Nach Rückzug Wallensteins nach Magdeburg, besetzten
die Dänen die Altmark nördlich Stendals.
Nach
Abzug der Dänen brandschatzten kaiserliche Truppen die Altmark. Nach ihnen
zogen schwedische Söldner durch unser Gebiet, auch sie plünderten und
brandschatzten. Viele Bauern fristeten in Not und Elend ihr kümmerliches Leben.
Am
25.09.1636 siegten die Schweden bei Witschok und kamen von Werben durch unsere
Dörfer gezogen. Dieser schwedische Marsch hinterließ verwüstete Felder,
ausgeplünderte Dörfer und getötete Menschen. Die danach schrecklich umgreifende
Pest raffte in Stendal 5000 Menschen dahin.
Alle
niedergebrannten Dörfer sind aber nach dem Kriege wieder besiedelt und
aufgebaut worden. Aus den folgenden Jahrhunderten ist recht wenig über das Dorf
und seine Umgebung bekannt. Es gehörte verwaltungsmäßig zum Amtsbezirk Schinne
der alten Landreitere Stendal. Das Gericht übte erst der Burgherr, später die
Dingstätte Krip oder Krepe, an der Uchte zwischen Peulingen, Schwechten und
Eichstedt gelegen, aus, das Appelationsgericht war die Dingstätte bei
Bierstett, höchste Instanz war das oberste Lehnsgericht in Tangermünde (später
Brandenburg). Die Gerichtsbarkeit bestand bis ins 18. Jahrhundert, wurde dann
von den Amtsgerichten Stendal und Tangermünde, Landgericht Magdeburg,
Oberlandesgericht Merseburg, Oberstes Landgericht Berlin abgelöst.
1769
- brannte der heutige Hof „Lühr“ ab (Braunschweig). Man vermutete Brandstiftung
der Bäuerin, weil sie ihren Kirchenzehnt entrichten sollte. Sie wurde mit ihrem
Mann in Arrest genommen. Da sie nun drohte, das ganze Dorf anzustecken, wurde
sie mit ihrem Mann dem Inquisitionsgericht überstellt. Während der Inquisition
brannten weitere 5 Häuser ab, die von der Gänsehirtin der
Braunschweigs angezündet waren. Scheinbar war besagte Gänsehirtin geisteskrank,
die willenlos den Befehlen der Bäuerin gehorchte. Das Gerichtsurteil brachte
die Bäuerin in das Zuchthaus, deren Tochter in das Spinnhaus, den Mann an die
Karre nach Stendal. Die Gänsehirtin wurde hier in Rochau enthauptet und
verbrannt.
Hinrichtungstag
war der 5. April 1770 (Dorothea Rocks).
Der
Bau der Chaussee Wittenberge - Magdeburg (mit Postlinie) erfolgte nach 1840 und
brachte wieder Leben ins Dorf, wie die steigende Bevölkerungszahl beweist.
Während anderweitig die jüngeren Bauernsöhne und -töchter abwanderten, blieben
sie hier, wie in Groß Schwechten, mit dem Dorf in Verbindung oder zogen wieder
zurück, sobald sie heirateten. Der Bau der Eisenbahn Stendal - Arendsee 1907/08
verstärkte diese Tendenz noch.
Rochau
wurde Bahnstation, Schartau erhielt einen Haltepunkt. 1910/11 wurde Rochau an
das öffentliche Stromnetz angeschlossen. Allmählich verschwanden in den
Bauernhäusern die bis dahin üblichen Petroleumlampen. In den Katen der
Landarbeiter blieben sie noch lange Jahre als Lichtquelle erhalten.
II.
Der erste imperialistische Weltkrieg und seine Auswirkungen
Auch
aus Rochau mußten viele Männer während des 1. Weltkrieges an die Front.
Ausgehungert und zerlumpt kehrten sie nach der Niederlage der deutschen
Imperialisten in ihre Heimat zurück.
Es
kamen ungefähr 25 Männer nie wieder. Sie waren im Krieg geblieben.
Während
des Krieges wurden viele Gefangene nach Rochau verschleppt. 1918 befanden sich
Polen, Russen, Engländer und Franzosen als Gefangene in Rochau. Der jetzige
Saal der Konsumgaststätte war damals ein Gefangenenlager. Wenige Posten
bewachten sie. Die Gefangenen hatten hier Landarbeit zu verrichten.
Nach
dem Sieg der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution entstand auch in
Deutschland eine revolutionäre Situation. Unser Ort selbst wurde von den revolutionären
Ereignissen kaum erfaßt. Die Bildung eines Arbeiter- und Soldatenrates blieb in
ihren Anfängen stecken. Großbauer Hermann Rahmsdorf übte vor, während und nach
der Revolution als Ortsschulze die Macht aus. Die wenigen in der SPD
organisierten Landarbeiter wurden durch den rechten SPD - Führer Brandenburg
aus Stendal mit der sattsam bekannten Parole von „Ruhe und Ordnung“
eingeschläfert. Wohl fanden im Bahnhof einige Versammlungen von Landarbeitern
statt, die sich gegen die reichen Bauern richteten. Zu ihnen gehörten die
Bauern: Heise, Buchholz, Mewes, Rahmsdorf, Wernecke, Günthers und Hennig. Die
Streiks entwickelten sich, weil die Arbeiter einen sehr geringen Stundenlohn
von 23 Pfg. erhielten und in schlechten Wohnungen lebten. Die meisten Familien
lebten in 1- oder 2- Zimmerwohnungen. Die noch nicht verheirateten Knechte
mußten in Pferdeställe die Nächte verbringen. Sie durften nur selten das Haus
des Bauern betreten; nur die Frauen, um im Haus zu arbeiten. Beschwerden der
Arbeiter hörten sich die Bauern nicht an. Sie verboten ihnen sogar,
Versammlungen zu besuchen. Daraufhin verweigerten sie die Arbeit auf den Höfen,
durften sie aber nicht für immer verlassen. Sie wurden dann von der Polizei
zurückgeholt. Die Arbeiter hörten nicht auf ihre Herrn
und gingen zu den Versammlungen auf den Bahnhof, in denen die Streiks
organisiert wurden. Es fehlte aber eine revolutionäre Führung, die SPD erfüllte
ihre Aufgaben nicht. Die Oberschicht der Rochauer Großbauern konnte schalten
und walten, wie sie wollten. Die Errungenschaften der Revolution, wie
Achtstundentag, Tariflohn für Landarbeiter wurden sehr zögernd, ja zum Teil
erst nach 1945 durchgesetzt. Wer sich von den Tagelöhnern für die Einhaltung
der gesetzlichen Maßnahmen einsetzte, wurde entlassen. So z.B. einer der
konsequentesten Verfechter der revolutionären Errungenschaften, Franz Schlüter.
Er war Tagelöhner beim Großbauern Springsgut. Schüler wurde entlassen und mußte
die Wohnung räumen. Auf Grund seiner politischen Haltung wurde er als
Rechtloser aus der Menschengemeinschaft verbannt und durfte im sogenannten
Armenhaus kampieren. Gegen solche Maßnahmen der herrschenden Klasse waren die
Unterdrückten und Ausgebeuteten machtlos. Ja selbst gegen Aussprüche „mit
Hunden müßte man die Roten aus dem Dorf jagen“ konnte man nichts machen. In den
Jahren 1920-1925 wurde die Ortsgruppe der SPD in Rochau stärker und konnte
unbehelligt Demonstrationen durchführen. Jedoch standen sehr viele Arbeiter
noch abseits, wodurch die Wirkung der Demonstration sehr gemindert wurde.
Für
die deutschen Monopolherren und Junker war der 1. Weltkrieg eine willkommene
Gelegenheit, ihre Profite ins unermeßliche zu steigern.
Hindenburg:
„Der Krieg bekommt mir wie eine Badekur.“
-
Ihre Profitgier führte dazu, das Millionen von
Werktätigen in Not und Elend gestürzt wurden. Eine künstlich herbeigeführte
Inflation ließ den Wert des Geldes immer mehr sinken.
Entwertung
der Papiermark gegenüber der Goldmark
1914
1,00
1918 2,08
1919 10,81
1920
7,40
1921 45,72
1922 1750,87
1923 1.000.494.971.000,00
Während
der Inflation entstanden riesige Konzerne, und die Macht der
Monopolkapitalisten, Junker und Großbauern wuchs. Der Monopolkapitalist Hugo
Stinnes raffte bis 1923 nicht weniger als 1664 Unternehmungen mit 2890
Betrieben zusammen.
Der
Rochauer Großbauer Springsgut „erwarb“ sein Haus für 1 Hühnerei. Für die
Landarbeiter, landarmen Bauern, Industriearbeiter und besonders für die Rentner
begannen Jahre des Hunger und Elends.
Herr
Otto A r n d t berichtet:
„Ich
ließ mir vom Schuhmachermeister Reinhold Holz Schuhe anfertigen. Als sie fertig
waren, sollte ich dafür 30.000,-M bezahlen. Da ich aber nur 15.000,-M hatte, es
war mein Wochenverdienst, konnte ich also nur die Hälfte bezahlen. Der Rest
wurde mir gestundet. In der nächsten Woche reichte mein gesamter
Wochenverdienst von 20.000,-M nicht aus, um meine Schuld zu begleichen. Der
Wert des Geldes war wieder gesunken. Es blieb eine Schuld von 10.000,- Mark.
Die Geldentwertung nahm weiter zu. Letzten Endes hatte ich in vier Wochen
schwerer körperlicher Arbeit ein Paar Schuhe verdient.“
An
diesem Beispiel kann man erkennen, daß die Arbeitslöhne weit hinter den
Lebenshaltungskosten zurückgeblieben. Otto A r n d t erzählt weiter:
„Wir
Rochauer Bauarbeiter arbeiten nur noch für Naturalien, weil uns das „viele
Geld“ nichts nützte. Wir erhielten zum Beispiel für unsere Tagesarbeit 7 Pfund Roggen.“
Im
Herbst 1923 kostete 1 Pfund Brot 1 Billion Mark, 1 Kuh 8 Billionen.
Die
Höhe des Ausbeutungsgrades der hiesigen Landarbeiter sei am nachfolgenden
Beispiel demonstriert:
Der
Tagesverdienst eines Landarbeiters betrug 11 Pfennig. Die Kommunisten Wilhelm
Meister und Herman Majek organisierten einen Landarbeiterstreik. Niemand ging
zur Arbeit aufs Feld hinaus. Die Großbauern wurden zu teilweisen
Zugeständnissen gezwungen. Es wurden Lohnerhöhungen erkämpft. Die Frauen
erhielten nun 22 und die Männer 27 Pfennig (bei gleicher Arbeit) Stundenlohn, die
tägliche Arbeitszeit betrug nun „nur“ noch 10 Stunden. Trotzdem reichte der
Lohn kaum zum Lebensunterhalt. Der ledige Landarbeiter hatte einen
Jahresverdienst von 300 Mark, ein einfacher Tisch kostete 500 Mark, ein Sofa
1200 Mark. Der Kampf der Ausgebeuteten gegen die Ausbeuter mußte weitergeführt
werden. Von einem Leben, um das die unterdrückten seit Jahrhunderten unter den größten Opfern
gekämpft hatten, konnten sie in der Zeit der Weimarer Republik auch nur träumen.
Demokratische Rechte besaßen die Bauern nicht. Die Dorfschulzen waren in der
Regel die größten Grundbesitzer. Der Grund und Boden der wirtschaftlichen der
wirtschaftlich schwächeren Bauern wurde für die privilegierte Schicht ein
billiges Kaufobjekt. Klein- und Mittelbauern verschuldeten und gerieten in
völlige Abhängigkeit von den „Großen“, der Führungsschicht. In Schwarzenhagen
war das Großbauer Hupe, in Rochau Großbauer Fettin.
Jeder verwaltete das Amt des Dorfschulzen (Hupe bis 1935 in Schwarzenhagen).
Jeder benutzte sein Amt zum eigenen Vorteil. Die Pflasterung des Schinnerweges
hörte bei Fettins Acker auf, die anderen Anlieger konnten sehen wo sie blieben.
Geld war in der Gemeindekasse vorhanden, aber nur für Großbauern, denn die
Straßenpflasterung wurde an der Feldscheune des Großbauern Springsgut beendet.
Wer sich den Machenschaften der Großbauern zur Wehr setzte, mußte mit
erpresserischen Mitteln und Schikanen aller Art rechnen.
Neues
Leben blüht aus den Ruinen
Direkte
Kriegsereignisse gab es in Rochau nicht.
Deutsche
Truppenteile kamen nicht durch. Nur einzelne deutsche Soldaten kamen Nachts und erbettelten sich etwas Eßbares. Anschließend
zogen sie dann weiter. Die meisten von ihnen waren auf dem Wege in ihre Heimat,
oder sie suchten ihre Angehörigen.
Vom
Volkssturm wurden in den ersten Apriltagen 1945 an beiden Dorfeingängen
Panzersperren errichtet, die einige Meter hoch waren. Sie bestanden aus 2
Reihen Baumstämme, der Zwischenraum war mit Sand gefüllt. Am 13. April kam
gegen Mittag ein Vorkommando der amerikanischen Armee ins Dorf. Die Amerikaner
befahlen die sofortige Beseitigung der Panzersperren. Als äußeres Kennzeichen
der Kapitulation sollte an allen Häusern weiße Fahnen
angebracht werden. Falls die Anordnungen nicht befolgt werden würden, sollte
geschossen werden. Trotz der Weigerung einiger Nazis wurden die Panzersperren
von den Einwohnern beseitigt. Anschließend fuhren die amerikanischen
Truppenteile durchs Dorf. Die amerikanischen Soldaten raubten und plünderten,
wo sie konnten. Für einen Teil der Soldaten wurde in Rochau Quartier beschafft.
Im ehemaligen Ortsteil Schwarzenhagen mußten alle Höfe geräumt werden und für
die Amerikaner eingerichtet werden. Die Bewohner durften ihre Häuser nicht
verlassen. Nach dem Abzug der amerikanischen Truppen kamen englische als
Besatzungsmacht ins Dorf. Am 1. Juni übernahm die Rote Armee, entsprechend dem
Abkommen von Jalta, die Verwaltung unseres Kreises. Nachdem vom sowjetischen
Kommandanten als neuer Bürgermeister, Herr Pohl, eingesetzt worden war, begann
in Rochau die Demokratisierung. Es wurde eine Registrierung der Einwohner und
Flüchtlinge und zurückgekehrter Soldaten durchgeführt. Mit dem Einzug der Roten
Armee begann auch in Rochau der demokratische Neuaufbau.
Die
von Wilhelm Pieck am 2. Sept.1945 herausgegebene Losung „Junkerland in Bauernhand!“
wurde
auch in Rochau verwirklicht, die ökonomische Macht der Großbauern und
Naziaktivisten gebrochen. Auf der Grundlage der Bodenreformgesetze wählten
Landarbeiter, werktätige Bauern und Umsiedler am 9. September 1945 in geheimer Abstimmung
die Bodenkommission, die sich aus 6 Mitgliedern zusammensetzte. Den Vorsitz
hatte der damalige Treuhändler des Gutes Springsgut Johann Hundt. Weitere
Mitglieder waren: Bürgermeister Pohl, Paul Kretz, Walter Kamke, Fritz Wendt. Zu
ihren Obliegenheiten gehörte die Erfassung des
Grundbesitzes der Großbauern, die am 10. Sept.1945 erfolgte. Enteignet wurden
die Großgrundbesitzer Springsgut und Heizmann mit der gesamten Ackerfläche
einschließlich Wald und Wiesen (293,16 ha). Am 18.3.1946 erhielten die Neubauer
(im Volksmund „Siedler“) ihre Bodenurkunden.
Daraus
geht hervor, daß sie rechtskräftige Eigentümer eines Grundstückes seien,
welches ihnen zur persönlichen Nutzung schuldenfrei übergeben wurde. So
erhielten z.B. der Landarbeiter August Meier 6,96, die Neubauern Johann Nowack
7,31 ha, Albert Schranke 6,84 ha, Alfred Schröder 8,58 ha, Otto Böhm 8,69 ha
usw.
Neben
der Landzuteilung bekamen die ehemaligen Landarbeiter Zucht- und Nutzvieh,
Futter Saatmittel sowie Ackergeräte zugeteilt.
Die
nichtenteigneten Großbauern mit einem Grundbesitz bis zu 100 ha waren Gegner
der Bodenreform. Sie besaßen Vieh und Ackergeräte (Hermann Bauermeister, Otto
Fettin). Sie versuchten, die Neubauern, die nur geringe Zugkräfte und keine
Maschinen hatten, von sich abhängig zu machen, indem sie für das Leihen
unentgeltliche Arbeiten auf ihren Besitzungen verlangten. Sie konnten sich
nicht daran gewöhnen, daß Ausbeutung des Menschen durch den Menschen für
allemal beseitigt und ihre Macht gebrochen war. Mit Hilfe der Arbeiterklasse
schafften sich die Neubauern die V d g B, die sich als wirksames Mittel gegen
die Störungsversuche der Großbauern erwies, der Fortschritt ließ sich nicht
aufhalten. Auch in Rochau begann eine neue Epoche der Geschichte, die Epoche in
der das Volk sein Leben selbst bestimmt.
Dem
Sozialismus entgegen !
Der
III. Parteitag der SED beschloß im Juli 1950, den Übergang zum planmäßigen
Aufbau des Sozialismus vorzubereiten. Nachdem die Mehrheit der Arbeiterklasse
und der mit ihr verbündeten Schichten von der Notwendigkeit des Übergangs zum
Sozialismus überzeugt waren, konnte die SED auf ihrer 2. Parteikonferenz vom 9.
- 12. Juli 1952 den Übergang zum planmäßigen Aufbau des Sozialismus
beschließen. Während sich in der Industrie die sozialistischen Produktionsverhältnisse
stürmisch entwickelten, blieb in der Landwirtschaft zunächst die individuelle
Kleinproduktion noch vorherrschend. Dadurch waren der weiteren Steigerung der
landwirtschaftlichen Produktion enge Grenzen gesetzt, wenngleich sie zu Beginn
des 1. Frühjahresplanes (1951 - 1955) den Vorkriegsstand erreicht und teilweise
überschritten hatte. Die kleinen, oft weit auseinanderliegenden Flächen konnten
den Einsatz leistungsfähiger Großgeräte und die Anwendung der modernen
Agrarwissenschaft nicht zulassen. Es entstand ein Widerspruch: Die
zurückbleibende Landwirtschaft konnte den wachsenden Bedarf der sozialistischen
Industrie und der Bevölkerung an landwirtschaftlichen Produkten nicht decken.
Sowohl die Volkswirtschaft als auch die weitere Festigung der sozialistischen
Produktionsverhältnisse erforderten also die Überwindung der bäuerlichen
Kleinproduktion, die sozialistische Umgestaltung der Landwirtschaft. Eine
wichtige Voraussetzung für die Umgestaltung war die Bereitstellung moderner
Maschinen.
Seit
1946 bestand in Rochau die Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe. Sie hatte
ihren Sitz auf dem beim Thälmannhaus. Das Haus selbst war das
Verwaltungsgebäude. Auf Beschluß der II. Parteikonferenz der SED 1952, wurden
zur Unterstützung der sich herausbildenden LPG die M A S gegründet. Mit der Schaffung der MAS wurde
zugleich der Stützpunkt der Arbeiterklasse auf dem Lande geschaffen; damit
festigte die Arbeiterklasse das Bündnis mit den werktätigen Bauern.
Auch
in Rochau wurde 1952 mit dem Bau einer Maschinen - Ausleih - Station begonnen
und 1953 fertiggestellt. Sie bestand aus der Verwaltung, den sanitären
Einrichtungen, Garagen, Dreschmaschinen- und Mähdrescher-Unterstell-Schuppen.
Damals besaß die MAS in Rochau 1„Framo“,
4 “Pioniere“, 2 “Aktivisten“, 4 Mähbinder und einen LKW „SIS“, der von
der Sowjetunion zur Verfügung gestellt wurde. Die ersten Gründer waren Herr
Götz, Herr Standfuß, Herr Zygan, Herr Thorhold und Herr Knupp.
1952
versorgte die MAS - Rochau, Schartau, Ballerstedt und Schorstedt. Später als auch
die Maschinen zunahmen, erweiterte sich die Versorgung. Es kamen noch Groß
Schwechten, Neuendorf a/Sp, Peulingen, Schernikau, Uenglingen, Belkau, Schinne,
Grassau, Grünenwulsch, Hohenwulsch, Dobberkau und Möllenbeck hinzu.
Mit
dem freiwilligen Zusammenschluß der Bauern zu LPG veränderte sich auch die
Funktion der MAS. Der Betrieb bekam neue Aufgaben. Die Arbeit mußte auf den
Feldern der Genossenschaften durchgeführt werden. 1953 wurde der Maschinenpark
erweitert. Es kamen noch 20 Traktoren „Pionier“, ein Mähdrescher „S4“ und 2
Kettenschlepper „KPD“ von der SU hinzu.
1954
arbeiteten 11 Brigaden in den einzelnen Stützpunkten. Bis zum Jahresende waren
102 Traktoren und die dazu benötigten Anhängegeräte vorhanden. Große Freude
herrschte, als vom Werk in Weimar die ersten 3 Mähdrescher geliefert wurden.
Auch
in anderen Dörfern entstanden mit der Zeit Stützpunkte. So brauchten in Rochau
keine Maschinen mehr gelagert zu werden. Es mußten mehr Reparaturen ausgeführt
werden. Doch die Hallen waren zu klein. 1963 wurde die MTS umgebaut. Die Wände
zwischen den Garagen wurden abgerissen, der Hof betoniert und
Reparaturwerkstätten eingerichtet. So entstand die RTS. Sie führte Reparaturen
der umliegenden Dörfer aus.
Im
Herbst 1964 wurde die RTS - Stationen Jarchau, Tangermünde, Kläden und Rochau
zu einem Kreisbetrieb für Landtechnik zusammen geschlossen. In den
Betriebsteilen werden Reparaturen an Maschinen und landwirtschaftlichen Geräten
ausgeführt.
Die
LPG richteten eigene Reparaturwerkstätten ein, in denen Maschinen und Geräte
selbst repariert wurden. Die Betriebsteile des Kreisbetriebes für Landtechnik
spezialisierten sich, um eine höhere Arbeitsproduktivität zu erreichen. So
werden seit 1969 in Rochau Raum- und Sammelpressen instand gesetzt.
Die
Entstehung und Entwicklung der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften
Zur
Zeit der 2. Parteikonferenz waren die fortgeschrittendsten Landarbeiter und
Bauern zu gemeinsamer Bodenbearbeitung übergegangen. Die Parteikonferenz
beschloß, die Bewegung zur Bildung Landwirtschaftlicher
Produktionsgenossenschaften (LPG) zu unterstützen, weil darin die einzige
Möglichkeit lag, die Vorzüge der landwirtschaftlichen Großproduktion zu nutzen.
Die
SED und die Staatsmacht achteten bei der sozialistischen Umgestaltung streng auf
das Prinzip der Freiwilligkeit und wandten die Erfahrungen der Sowjetunion und
der volksdemokratischen Länder schöpferisch auf die Bedingungen in Deutschland
an. Vor allem berücksichtigten sie die tief verwurzelte Tradition des
Kleineigentums und lehnten deshalb die Nationalisierung des Bodens ab. Der
Boden blieb Privateigentum der Bauern. Die meisten staatlichen Maßnahmen zur
Förderung der LPG wurden nach Beratungen mit den Bauern ergriffen. So z.B.
Musterstatuten von der ersten Konferenz der Vorsitzenden und Aktivisten der LPG
am 5./6. Dezember 1952 beschlossen. Sie sahen 3 Typen von LPG vor, die sich
durch den Grad der Vergesellschaftung und den Verteilungsmodus unterschieden.
Die vorgesehenen Abstufungen ermöglichten den Bauern, schrittweise zu höheren
Formen der sozialistischen Arbeit zu gelangen.
Im
Typ I werden genossenschaftlich genutzt: Saat- und Pflanzgut, Düngemittel und
das Ernteergebnis der Feldwirtschaft; im Typ II kommen hinzu: Maschinen, Geräte
und Zugvieh; im Typ III zusätzlich die Zucht und Nutzviehhaltung. Jeder Bauer
hat in allen 3 Typen eine persönliche Hauswirtschaft bis zu 0,5 ha. Die
Erfahrungen der ersten LPG sowie die Politik der SED und des Staates förderten
bei immer mehr Bauern den Entschluß, Mitglied der LPG zu werden. So war es auch
in Rochau.
Nach
vorangegangenen, eingehenden Aussprachen entschlossen sich 16 Einzelbauern, von
nun an ihren Weg gemeinsam zu gehen. Am 13. Januar 1953 schlossen sich zur LPG
Typ II zusammen:
Albert S c h r a m k e
Emil H o f f m a n n
Adolf H o f f m a n n
Wilhelm S c h a r t a u
Christof W e l k e
Otto M e i e r
August M e i e
r
Alfred S c
h r ö d e r
Albert H u n d t
Otto B ö h m
Hermann H o l z
Gustav W e l k e
Fritz P l a t z
Erna P l a
t z
Anni M e i e r
Hedwig H o l z
Sie
gaben sich den verpflichtenden Namen
„ LPG R o s a L u x e m b u r g“ .
Als
Produktionsgrundlage verfügte sie über 130 ha LNF.
Bald
entschlossen sich weitere Einzelbauern, den Schrittmachern der sozialistischen
Landwirtschaftsproduktion zu folgen.
Im
20. Jahr der Existenz des ersten Arbeiter-und-Bauern-Staates arbeiteten auf den
Feldern der LPG „Rosa Luxemburg“:
3 Mähdrescher
2
Kartoffelvollerntemaschinen
2 Rübenkombinen
2 Bagger
2 LKW
und
viele andere Maschinen und Geräte, die die Arbeit unserer
Genossenschaftsbäuerinnen und -bauern
wesentlich erleichterten. Auch in finanzieller Hinsicht hat die LPG „Rosa
Luxemburg“ nach schwierigen Anfangsbedingungen eine positive Entwicklung hinter
sich gebracht. Der Wert der Arbeitseinheit stieg, weil der Gesamterlös der LPG
an pflanzlicher und tierischer Produktion von 1954 bis 1968 um das 3,5 fache
stieg. Die Spanne zwischen Unkosten und Erlösen wurde in den letzten Jahren
immer größer, d.h. also, daß der Gewinn der Genossenschaft und damit der
Reichtum unserer Genossenschaftsbäuerinnen und -bauern immer umfangreicher
wurden.
Vor
der Gründung der LPG gab es in Schartau 15 einzelbäuerliche Betriebe, die 7 bis
50 ha Land besaßen. Nach dem Krieg gab
es wenig Futter für die Tiere. Die Ernten waren zu schlecht. Da die Bauern nur
wenige Maschinen hatten, konnte die Ernte nicht rechtzeitig eingebracht werden,
und es ist dadurch auch viel verdorben. Die Tiere waren vollkommen abgemagert.
Im Frühjahr 1953 verrieten 4 Besitzer ihre Heimat und schlossen sich dem
kapitalistischen Westdeutschland an. Am 18.03.1953 kam es dann zur Gründung der
LPG „Morgenrot“. Die Einzelbauern Ewald Busse, R. Wiese, K.-H. Gold und die Landarbeiter
der verlassenen Höfe waren die ersten Mitglieder.
22
Genossenschaftsbauern hatten nun 218 ha zu bewirtschaften. Der Anfang war sehr
schwer, da auf den verlassenen Höfen der Viehbestand teilweise fehlte und in
einem sehr schlechten Zustand war. Bis zum Jahre 1960 entwickelte sich die LPG
aber doch ständig weiter, ohne daß sich an der Fläche und dem Mitgliederstand
wesentliches änderte.
1959
- 1960 vereinigte sich die LPG Schartau mit der LPG Rochau.
Im
Frühjahr 1960 wurden die restlichen 7 Einzelbauern Mitglieder der LPG. Somit
bewirtschaftet die LPG „Morgenrot“ seit 1960 die gesamte LN der Schartauer
Flur. Rund 370 ha wurden seitdem von 35 - 40 Mitgliedern bearbeitet. Die
Erträge der Feld- und Viehwirtschaft stiegen im Verhältnis zu den ersten Jahren
der LPG durchweg stetig an und betragen heute ziemlich das Doppelte der ersten
Jahre.
Die
erfolgreiche Aufwärtsentwicklung der LPG „Rosa Luxemburg“ bewies den
abwartenden und zögernden Klein- und Mittelbauern, daß die genossenschaftliche
Produktion von großem Vorteil ist. Am 12. März 1960 schlossen sich 11 Betriebe
werktätiger Bauern zur LPG Typ I „Goldene Ähre“ zusammen. Sie verfügten über
insgesamt 184,34 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche.
Im
Gründungsprotokoll heißt es:
„Wir werktätigen Bauern der Gemeinde Rochau,
Kreis Stendal, haben erkannt, daß die sozialistische Umgestaltung der
Landwirtschaft eine vordringliche Aufgabe auf dem Weg zum Sieg des Sozialismus
ist und erklären deshalb feierlich unseren Beitritt zur Gründung einer LPG Typ
I in die Gemeinde Rochau. Damit wollen wir einen Beitrag zur Erhaltung des
Friedens und zur Stärkung der sozialistischen Landwirtschaft geben.“
Mit
33 Unterschriften wurde der entschiedene Schritt zur sozialistischen
Produktionsweise besiegelt. Der Genossenschaftsbauer W. Zeidler jun. Wurde
einstimmig zum Vorsitzenden und die Genossenschaftsbauern Schmiker und W. Lühr zu Vorstandsmitgliedern gewählt.
Die
Gemeinde Rochau zählt seit März 1960 zu den Gemeinden unseres Kreises, die
vollgenossenschaftlich produzieren.
Nach
der Gründung der DDR hat sich auch in Rochau eine tiefgehende Entwicklung
vollzogen. Entsprechend der Orientierung der Partei der Arbeiterklasse, setzte
sich diese Entwicklung ständig fort.
Die
Produktionsstruktur der Gemeinde Rochau wird überwiegend durch landwirtschaftliche
Produktion geprägt. Zu ihr befindet sich eine territorial organisierte
Abteilung der LPG „Pflanzenproduktion“ Groß Schwechten und die LPG
Tierproduktion „Rosa Luxemburg“, sowie ein Betriebsteil des VEB für Landtechnik
Stendal. Seit 1988 Landtechnikinstandsetzung Lüderitz.
Kommunal
gehört Rochau zum Gemeindeverband Goldbeck.
27.12.1960
- ein Großbrand in Rochau. Er forderte 1 Menschenleben. Gesamtschaden 174339 TM
Brandursache: Selbstentzündung des ungenügend getrockneten Hafers und mangelnde
Wachsamkeit.
1972
schlossen sich die Genossenschaftsbauern der LPG „Goldene Ähre“ der LPG „Rosa
Luxemburg“ an.
Die
Steigerung der Arbeitsproduktivität und das Anwachsen der Produktivkräfte
führte über die KAP zur Herausbildung der LPG „Tierproduktion“ Rochau und der
LPG „Pflanzenproduktion“ Groß Schwechten Abteilung Nord. Dadurch erfolgte eine
Arbeitsteilung in der Landwirtschaft. Diese Arbeitsteilung wurde 1976
vollzogen. Sie schloß die Integrierung der LPG „Walter Ulbricht“ Schorstedt mit
ein.
Entsprechend
der Orientierung der SED, für die weitere Entwicklung der sozialistischen
Landwirtschaft die Kooperationsbeziehungen zwischen Tier- und
Pflanzenproduktion zu vertiefen ist die LPG(T) Rochau Mitglied einer
Kooperation, die seit dem 1.01.1986 wirtschaftsleitende Funktionen übernommen
hat.
Ihre
Kooperationspartner sind die
LPG (P) Groß Schwechten
LPG (T) Groß Schwechten
LPG (T) Schorstedt.
Die
Abteilung Nord der LPG (P) verfügt in Rochau über einen Technikstützpunkt, der
entsprechend der Struktur der Genossenschaft langfristig mit einer Brigade
besteht.
Die
Abteilung Rochau der LPG (P) bearbeitet
1665 ha landwirtschaftliche Nutzfläche, davon sind 320 ha Grünland.
295
ha Wald werden vom Staatlichen Forstwirtschaftsbetrieb Stendal bewirtschaftet.
Die landwirtschaftliche Nutzfläche für Kleinsterzeuger beträgt 25,8 ha
einschließlich der 2 ha des VKSK. Durch den Vorstand der LPG wird in
Zusammenarbeit mit der örtlichen Volksvertretung der Gemeinde eine rationelle
und effektive Bodennutzung gewährleistet und dementsprechend eine
sozialistische Bodenpolitik verwirklicht. Damit konnten nachfolgend genannte
Erträge in der Pflanzenproduktion bei den Hauptkulturen dieses Bereiches
erwirtschaftet werden.
1986 Getreide
46,8 dt/ha
Kartoffeln 207,0
dt/ha
Zuckerrüben 253,0
dt/ha
Die
LPG (T) hat folgenden Tierbestand:
1984 1987
Rinder
insgesamt 1365 1360
davon
Kühe 580 570
Jungrinder 785 790
Schweine
insgesamt 2420 2500
davon
Sauen 300 280
Mastschweine 308 300
Läufer 912 1020
Ferkel 900 900
Schafe 505 500
Pferde 20 20
Nachdem
aus Rationalisierungsgründen in der Milchverarbeitung 1974 die Molkerei
geschlossen wurde, sind in der Gemeinde keine weiteren Betriebe der
Nahrungsgüterwirtschaft ansässig. Es besteht lediglich eine Milchannahmestelle.
In
der Gemeinde Rochau arbeiten 5 Grundorganisationen der SED, und zwar
BPO LPG(T)
APO KfL Betriebsteil
Rochau (LI Lüderitz)
BPO LPG(P)
BPO
Conrad-Blenkle-Oberschule
WPO der Gemeinde.
Koordiniert
wird die Arbeit im Rahmen der Gemeinde durch OPO, in deren Leitung alle
Grundorganisationen vertreten sind. Alle anderen Parteien und
Massenorganisationen existieren mit unterschiedlicher Stärke ebenfalls. Die
stärkste Partei ist die SED, die in der Gemeinde die führende Rolle der
Arbeiterklasse verkörpert und immer die Lösung entscheidender Fragen in ihrer
Arbeit einbezieht. In der Gemeindevertretung sind 15 Genossen als Abgeordnete
tätig.
Der
Ortsausschuß der Nationalen Front besteht aus 18 Mitgliedern. In ihm sind
Vertreter aller Parteien und Massenorganisationen mit unterschiedlicher
Aktivität wirksam. Die Volksvertretung umfaßt 23 Abgeordnete und 5
Nachfolgekandidaten. Sie arbeiten mit 9 Ständigen Kommissionen und 3 Aktivs. In
den Ständigen Kommissionen sind weitere 34 Bürger berufen. Der Rat besteht aus
7 Ratsmitgliedern und einem kooperierten Mitglied, 6 Ratsmitglieder gehören der
SED an, 1 Mitglied der CDU und 1 Mitglied dem DFD.
Im
Objekt des VEB KfL Stendal, BT Rochau, befindet sich die Zentralküche der
Gemeinde, die 1987 über eine Kapazität von täglich 500 Portionen verfügt. Durch
ihr wird der Bedarf der Bevölkerung mit 10 Portionen, der LPG(T) Rochau mit 30 Portionen,
der LPG(P) Rochau mit 80 Portionen, der LPG(T) Schorstedt mit 25 Portionen, des
BT KfL Rochau mit 45 Portionen, der POS Rochau mit 130 Portionen, des
Kindergartens Rochau mit 30 Portionen, des Kindergarten Schorstedt mit 7
Portionen und des OT Schartau mit 25 Portionen (VW Plan 1988) gedeckt. Hinzu
kommen zeitweilige Arbeitskräfte, die in den LPG`en bzw. im Ort spezielle
Arbeiten durchführen.
In
Rochau wohnen zur Zeit 720 Einwohner in 272 Wohnungen.
Die Wohnungseinheiten werden durch folgende Eigentumsformen bewirtschaftet und
zeigen folgenden Ausstattungsgrad (1987):
WE Bad/Dusche % IWC
%
volkseigen 47 43 91 43 91
genossenschaftlich 46 33 71 29 63
privat 179
118 66 112 63
gesamt 272 197 71,3 184
68
Jede
Wohnung ist im Durchschnitt mit 2,72 Einwohnern belegt. Damit liegt die
Gemeinde im Durchschnitt des Kreises. Insgesamt wurden seit dem VIII. Parteitag
der SED 9 Wohnungen als Eigenheime neuerrichtet bzw. durch Modernisierung, Um-
und Ausbau neu hergerichtet.
Die
Gemeinde Rochau mit Ortsteil Schartau ist in 12 Wohngebieten eingeteilt. Jedes
Wohngebiet umfaßt 20 - 23 Haushalte. Es wird durch 2 Abgeordnete der
Gemeindevertretung und einem Mitglied des OA der NF betreut.
In
der Gemeinde bestehen 5 Grundorganisationen der DSF mit insgesamt 215
Mitgliedern, eine Ortsgruppe der DSF mit 110 Mitgliedern, eine Ortsgruppe des
Deutschen Anglerverbandes mit 21 Mitgliedern, eine Ortsgruppe des DRK mit 55
Mitgliedern, 2 Züchtergemeinschaften der Sporttauben mit 16 Mitgliedern und
eine Ortsgruppe des VKSK mit 42 Mitgliedern. In der VdgB sind Bauern organisiert. Es existiert eine BSG „Traktor“
mit 4 Sektionen und 140 Mitgliedern. Der Dorf- und der Jugendklub organisieren
das kulturelle Leben im Dorf. Die Volkssolidarität mit ihren 175 Mitgliedern
bemüht sich erfolgreich bei der sozialen und kulturellen Betreuung der älteren
Bürger.
Von
1908-1979 unterhielt die Deutsche Reichsbahn die Kleinbahnverbindung Stendal -
Arendsee. Güter und Personenverkehr wurden als Dienstleistungen angeboten. 1979
übernahm der VEB Kraftverkehr Stendal den Personentransport, es entstand die
Verbindung Stendal - Klein Rossau.
Auf
der Grundlage der richtungsweisenden Beschlüsse der SED vollzog sich eine
ständige Verbesserung der materiell - technischen
Grundlagen in der Gemeinde und damit für alle Bürger.
So
wurde folgendes in den Jahren errichtet:
14
WE in der Polkauer Straße 1956
+1961
Errichtung
der Stallanlagen an der Str.d.Friedens der LPG(T) 1958
Werkstatt
mit Garagen LPG(T) 1960
Bau
der Schule in der Kleinen Achterstraße 1962
Bau
der Mehrzweckhalle 1973-1975
Schulerweiterungsbau 1983-1984
Bau
der Straße in Schartau 1970-1971
Bau
der Arzt- und Zahnarztpraxis mit 2 WE 1974-1975
Einrichtung
einer komplexen Annahmestelle für Dienstleistungen 1985
Ausbau
des Sprechstundenzimmers mit Kulturraum in Schartau 1983
Einrichtung
der MAS - Station 1952
Ausbau
zur TS - Station 1962-1965
Errichtung
einer neuen Werkstatthalle 1986
Errichtung
eines Garagenkomplexes der LPG(P), Abt, Nord 1983-1986
Bau
von 9 Eigenheimen im Zeitraum von 1976-1986
Errichtung
von 6 WE im genossenschaftlichen Wohnungsbauprogramm 1972-1974
Erweiterung
des FFw - Gerätehauses 1985-1986
Straßenbau
des Abzweiges Schartau nach Schorstedt 1974
Errichtung
von 2 Großraumsilos für Silage 1982-1983
In
der Gemeinde Rochau sind folgende versorgungswichtige Betriebe und
Einrichtungen vorhanden:
- LPG(T) „Rosa Luxemburg“ Rochau mit den
Hauptproduktionsrichtungen Milch-, Rinder- und
Läuferproduktion sowie der Produktion von Schweine- und Rindfleisch und
Wolle
- VEB Kreisbetrieb für Landtechnik mit den
Instandsetzungsleistungen E280, KC 6, Aufarbeitung
von Ersatzteilen
- die Abteilung Nord der LPG(P) Groß
Schwechten mit den Hauptproduktionsrichtungen
Kartoffel-, Getreide-, Zuckerrüben- und Ölfrüchteanbau
- WtB - Verkaufsstellen in Rochau und
Schartau
- Außenstelle der BHG Stendal und
Zahlstelle
- 10 klassige POS mit einer Kapazität von
250 Schülern, einem Schulhort mit Schulspeiseraum
- eine Mehrzweckhalle, die durch die POS,
BSG und Betriebe mit 517 Plätzen, einer Bühne und
Kegelanlage mit 2 Bahnen genutzt wird
- Kindergarten mit einer Kapazität von 36
Plätzen
- Kinderkrippe mit einer Kapazität von 20
Plätzen
- eine Arztpraxis
- eine Zahnarztpraxis
- eine Gemeindeschwesternstation
- ein Sprechzimmer mit Warteraum in
Schartau
- eine Poststelle der Deutschen Post in
Rochau und in Schartau
- eine Industrie- Textilwarenverkaufsstelle
mit 69 m² Verkaufsraum
- eine Kommissionsgaststätte mit 36 Plätzen
- eine Eisdiele mit 25 Plätzen
- eine Konsum- Gaststätte mit Küche mit 44
Plätzen, dazu Saal mit 150 Plätzen
- eine Tierarztpraxis
- ein Friseurstützpunkt
- eine Annahmestelle für Obst und Gemüse
- eine Komplexannahmestelle für
Dienstleistungen und Reparaturen sowie Heißmangel
- eine Gemeindebibliothek
- eine Zentralküche für Betriebe, Schule
und Kindergarten - 500 Portionen
- eine Firma für Sanitärinstallation
- ein Sportplatz
- ein Sportplatz mit Aschenbahn und
Nebenanlagen im Ausbau
- ein Kulturraum in Rochau und Schartau
- eine Aufkaufstelle für Sekundärrohstoffe
- ein öffentlicher Sammelplatz für
Schwarzmetalle
- eine Bäckerei
- eine Aufkaufstelle für Eier und
Weißfleisch in Rochau und Schartau
Die
Versorgung der Bürger mit Dienstleistungen und Reparaturen umfaßt zur Zeit:
- Heißmangel
- Wäscherei
- Chemische Reinigung von Kleidungsstücken,
-
Federbetten und Teppichen
- Reparatur von Elektrohaushaltsgeräten
-
Schuhreparatur
- Repressieren von Strümpfen
- Schirmreparaturen
Eine
Verbesserung der Arbeitsbedingungen sowie Erweiterung des
Dienstleistungsumfanges ist durch den Ausbau der Annahmestelle 1986 erreicht
worden.
Die
Reparaturen an Rundfunkgeräten, Fernseher, Kühlschränken und Waschmaschinen
wird durch die kreislichen Reparatureinrichtungen erledigt.
Die
Gemeinde hat einen Friseurstützpunkt mit 3 Plätzen. 1987 wird ein neuer
Friseurstützpunkt eröffnet, der dann täglich geöffnet ist. Die Versorgung der
Bevölkerung mit Brot, Brötchen und Feinbackwaren wird durch eine Bäckerei
gewährleistet.
In
der Gemeinde und im Ortsteil Schartau ist die Deutsche Post mit ihren
Leistungen vertreten.
Es
ist eine Sanitärfirma ansässig. Die Tischlerleistungen für die Bürger und die
Einrichtungen werden durch die LPG(T) Rochau entsprechend ihren Möglichkeiten
erledigt. Durch die Elektrofirma aus Grävenitz und die Betriebselektriker der
LPG(T) Rochau und der LPG(P) Groß Schwechten werden die erforderlichen
Leistungen für Bürger und Einrichtungen bei der Instandsetzung und
Neuinstallation von Elektroanlagen erbracht.
Die
44 Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr führen den Kampf um die Verteidigung
des Titels „Vorbildliche Feuerwehr“ (1987). 1986 wurde die Erweiterung des
Gerätehauses beendet. Im Zusammenwirken mit der POS und dem öffentlichen Rat
wird von den Kameraden der FFw eine AG „Junge Brandschutzhelfer“ angeleitet,
die bei Wettstreiten beachtliche Erfolge erzielte.
Für
die sozialen und medizinischen Betreuungen wurden für die Bürger in den
zurückliegenden Jahren gute Voraussetzungen geschaffen. Rochau ist
medizinisches Betreuungszentrum für die Gemeinden:
Rochau,
Groß Schwechten, Schorstedt, Schartau, Neuendorf a/Sp, Peulingen, Grävenitz,
Dobberkau, Möllenbeck
Im
Ort selbst wurde 1974/75 eine Staatliche Arzt- und Zahnarztpraxis erbaut. In
ihr arbeiten 1 Ärztin für allgemein Medizin mit 2
Sprechstundenschwestern, 1 Zahnärztin mit 1 Sprechstundenschwester. Außerdem
ist für die Betreuung kranker und hilfsbedürftiger Bürger eine
Gemeindeschwester tätig. Die in einem Grundstück der Gemeinde ihre Wohnung und
gesonderte Praxisräume hat.
Seit
1958 hat Rochau eine staatliche Tierarztpraxis.
Die
Kinderkrippe verfügt über 20 Plätze. Die Kapazität ist auf Grund der extensiven
Bevölkerungsentwicklung nicht ausreichend. Zur Verbesserung der Arbeits- und
Lebensbedingungen der Erzieher sowie des Bedarfs an Krippenplätzen ist im
Perspektivplan der Gemeinde ein Neubau für 25 Plätze vorgesehen.
Volksbildung
Vor
und nach der Jahrhundertwende wurden die Kinder im Mehrstufenunterricht
geschult.
1.
- 4. Klasse in der alten Schule (heute Garagen Wenzel/Dworski) und die 5. - 8.
Klasse. Der gesamte Unterricht wurde von 2 Lehrern erteilt. In Schartau befand
sich die Schule eine Klasse für das 1. - 8. Schuljahr - in der heutigen
Konsumverkaufsstelle.
Nach
Ausbruch des 1. Weltkrieges unterrichtete nur 1 Lehrer. Früh Klasse 5-8
anschließend Klasse 1-4.
1918
wurden 50 Schüler pro Klasse im Mehrstufen- und Schichtunterricht von 1 Lehrer
beschult. Die Unterrichtszeit war im Sommer 7.00 - 12.00, im Winter 8.00 -
13.00 Uhr.
Es
wurden folgende Unterrichtsfächer erteilt: Täglich - biblisch Geschichte, über
die Woche verteilt: Rechnen, Geschichte, Erdkunde, Lesen, Schreiben, Raumlehre
und Turnen.
Die
Schulreform ermöglichte auch den Kindern der Bevölkerungsschichten, die früher
vom Schulbesuch ausgeschlossen waren, eine höhere Schulbildung. 1903 besuchten
von 24 (28) Schulabgängern zwei die höhere Schule in Stendal (9. - 12. Klasse).
1954 waren es von 22 Kindern sechs!
Während
1838 im Kreis Stendal (23 Dörfer und Stadt Stendal) 53 Lehrer, von denen 25%
ein Jahreseinkommen von 5 - 10 Taler n (!) hatten, unterrichteten, unterrichten
zur Zeit heute allein in Rochau 16 Lehrerinnen und Lehrer, 3
Horterzieherinnen und 4
Kindergärtnerinnen. Der Schulhort beseitigte das Problem der „Schlüsselkinder“.
Bis
1941 kleine Einschränkung des Mehrstufenunterrichts. Es wurden in der alten
Schule (Garagen), Lehrerwohnung, z.T. in der heutigen Wohnung Aug. Hundt und im
Saal der Gaststätte unterrichtet.
Von
1939 - 1941 wurde das Schulgebäude in der Achterstraße gebaut. Hier begann
Anfang 1942 der Unterricht, und zwar 1.
Raum Klasse 3 und 4 anschließend Kl. 1 und 2, oberer Raum Kl. 5-8. Unten
Küchenraum, oben Handarbeitsraum. Im April 1945 wurde der Unterricht eingestellt.
Mit Verkündung der demokratischen Schulreform fand auch in der Grundschule
Rochau ein Neubeginn statt. Zunächst wurde in 3 Räumen im Mehrstufen- und
Schichtsystem unterrichtet. 1947 kamen die ersten Neulehrer nach Rochau. Der
Unterricht nach wie vor im Mehrstufen- und Schichtsystem.
1950 1. Abschlußprüfungen Klasse 8 mit Schülern
aus Rochau, Groß Schwechten, Neuendorf a/Sp, Klein Schwechten, Häsewig und
Schartau
Beginn
der Aktion „Frohe Ferien für alle Kinder“
1951 Wahl des 1. Elternbeirates:
Franz Wenzel, Hans Kloth, Else Kraak,
Martha Martens, Martha Behrends
Umbau der Schulküche zum Klassenraum.
1952 169 Schüler verteilen sich wie folgt: Klasse 1/3 = 40 Schüler
Klasse
2/4 = 40 Schüler
Klasse
5 = 22 Schüler
Klasse
6 = 34 Schüler
Klasse
7/8 = 33 Schüler
Pionierfreundschaft „Sturmvogel“
1958
Anbau eines Werkraumes
an den Stall (heute Heißmangel)
Aus
erarbeiteten Mitteln und Altstoffsammlungen konnte für die Schule der erste
Fernsehapparat gekauft werden.
28.V.
Einführung des „Produktionstages“
Die Schüler des 5.-8. Schuljahres aus Groß
Schwechten werden in Rochau beschult. Zum Schulbereich gehören Rochau,
Schartau, Groß Schwechten.
Ab
5.9. Schülertransporte durch den Schulbus.
Neues
Unterrichtsfach „Unterricht in der sozialistischen Produktion“.
01.11.1958 Beginn der Jugendstunden zur Vorbereitung der
Jugendweihe.
Im „Thälmann-Haus“ wird die Klasse 4
unterrichtet.
Eine Schulentlassungsfeier
findet nicht statt, weil alle Schüler der 8. Klasse bis zur
10. Klasse die Schule besuchen wollen.
01.09.1959 In Rochau nimmt die allgemeinbildende
Polytechnische Oberschule ihre Tätigkeit
auf.
Der Mehrstufenunterricht wird
abgeschafft.
Die Klassen verteilen sich wie
folgt:
Klasse 1, 2, und 4 in der
Achterstraße
Klasse 3 in Groß Schwechten
Klasse 5 in der Achterstraße
Klasse 6 in
Groß Schwechten
Klasse 7,8 und 9 im Thälmannhaus
6
Schüler aus Dobberkau und Schorstedt werden in die 9. Klasse und alle Schüler
aus Häsewig und Ziegenhagen kommen in die Klassen 5 - 8.
Zum
Einzugsbereich der Rochauer Schule gehören:
Rochau,
Schartau, Groß Schwechten, Dobberkau, Schorstedt, Grävenitz, Ziegenhagen und
Häsewig.
Gründung der BPO der SED an der Schule
Umbau der Elektrowerkstatt von Otto Martens
(heute Garage der Tierarztpraxis)
zum Klassenraum für die Unterstufe.
Okt. 1964 Beginn
des Schulerweiterungsbaus
Am
7. Okt. 1965 anläßlich des Jahrestages der Republik erfolgte die feierliche
Schlüsselübergabe des Schulerweiterungsbaus. In ihm werden die Schüler der
Klassen 5-10 unterrichtet.
Die
Qualität des Unterrichtes konnte wesentlich gesteigert werden. Die 5
Ausweichräume innerhalb des Dorfes entfielen. Baukosten 180.000 M.
270
Schüler wurden in 2 Gebäuden unterrichtet. In der Achterstraße die Kl. 1-4 und
der Werkunterricht, im Neubau die Klassen 5-10. Der Turnunterricht nach wie vor
im Saal der Konsum-Gaststätte.
01.09.1972 Erweiterung des Einzugsbereiches, es wird in
Parallelklassen unterrichtet.
Einzugsbereich:
Rochau, Schartau, Groß Schwechten, Neuendorf a/Sp, Peulingen, Borstel
Klasse
1 in Borstel
Klasse
2a und 2b in Neuendorf a/Sp
Klasse
3 und 4 in Groß
Schwechten als Unterstufenkombination
Klasse
5 - 10 in Rochau
01.09.1973 Alle Kinder aus Borstel werden in Stendal
unterrichtet.
Alle
anderen gehören zur Polytechnischen Oberschule Rochau. Dem pädagogischen Rat
gehören 27 Lehrer und Erzieher an.
Die
1. Klasse beginnt mit 27 Schülern.
01.09.1976 Einschulung von 28 Schülern
Unter
Anwesenheit des Vorsitzenden des Rates des Bezirkes erfolgte die feierliche
Übergabe der Mehrzweckhalle, die von 1973 - 1976 in Feierabendarbeit von einem
18 Mann starken Baukollektiv unter Leitung des Gen.
Günter Scheinert, vielen zeitweiligen Helfern, mit großer Unterstützung der LPG
„Rosa Luxemburg“ erbaut wurde. Gesamtwert der Mehrzweckhalle 870.000,- Mark.
Buchlesung
des Schriftstellers Heinz Kruschel zur Unterstützung des Kampfes um den Namen
„Conrad-Blenkle-Oberschule“.
01.06.1977 Verleihung des Namens
„Conrad-Blenkle-Oberschule“ Rochau
Neben vielen Ehrengästen nahmen
an der Namensverleihung teil:
Gertrud Müller, Lebensgefährtin
von Conrad Blenkle
Edelgard Klemke, stellv.
Direktor der Conrad-Blenkle-Oberschule Berlin
Heinz Kuschel, Schriftsteller
Feierliche Enthüllung des
Conrad-Blenkle-Ehrenmals
1983/84 Erweiterungsbau mit 6 Unterrichtsräumen und
dazugehörigen Vorbereitungsräumen, Verwaltung, Schulleitung, Archiv,
Lehrerzimmer und Sanitäreinrichtungen
Gesamtkosten:
1 Mio. Mark
Damit
gehört die POS Rochau zu den modernsten Landschulen des Kreises Stendal.
Zur Zeit werden 160 Schüler in 11
Fachunterrichtsräumen unterrichtet.
Für
den Hort steht ein gesondert eingerichtetes Spielzimmer zur Verfügung.
Der
Kindergarten hat eine Kapazität von 36 Plätzen. Da die Gemeinde Rochau im
Bereich der Volksbildung Umlandfunktionen wahrzunehmen hat, werden die Kinder
aus Rochau und Schartau betreut. Mit der extensiven Bevölkerungsentwicklung
wird die Kapazität des Kindergartens überlastet. Deshalb ist im Vorplan ein
Neubau vorgesehen.
Die
sportliche Betätigung unserer Bürger gewährleistet die BSG „Traktor“. In der
Mehrzweckhalle sind viele Möglichkeiten für die volkssportliche Betätigung
vorhanden. Organisiert wird in folgenden Sektionen Sport betrieben:
- Fußball
- Kegeln
- Tischtennis
- Gymnastik
Auf
dem Gebiet der Kultur bietet unsere Gemeinde vielfältige Möglichkeiten der
Freizeitgestaltung.
Gemeindebibliothek
mit über 90 Lesern:
- Dorfklub mit 18 Mitgliedern
- Jugendklub mit 15 Mitgliedern
- RCG mit 120 Mitgliedern
Die
Mehrzweckhalle bietet ausreichende Möglichkeiten der Bevölkerung niveauvolle
Kulturveranstaltungen zu bieten.
Ein
Höhepunkt im kulturellen Leben sind seit 1965 die alljährlich durchgeführten
Karnevalsveranstaltungen.
1965 wurde der RCG mit dem Schlachtruf
„Rochau - es lacht“ gegründet.
1966 Die ersten öffentlichen
Veranstaltungen in Rochau in der Konsum-Gastätte
1967
1. Abstecherveranstaltung in
Borstel
ab
1968 Weitere Abstecherveranstaltungen in Ballerstedt,
Schinne, Stendal, Lindtorf, Büste, Kalbe,
Kleinau usw.
1975
Die Veranstaltungen finden in der
Mehrzweckhalle statt.
1977 15. Präsidentenberatung der
Karnevalgemeinschaften der DDR (24.09.1977) in Rochau
1980
100. Öffentliche Veranstaltung am
16.02.1980
1983 Einstufung - und Verleihung des Titels
„Hervorragendes Volkskunstkollektiv“
1985 140. Veranstaltung am 19.01.1985
Einstufung „Oberstufe - gut“
Bis
1987 begeisterten die Aktiven in 165 Veranstaltungen in Stadt und Land 60.000
Bürger mit guter Laune und Humor.
Q u e l l e n v e r z e i c h n i s
1.
Geschichte Mark Brandenburg Sechster Band, Berlin 1846
2. Riedel - Urkunden, Altm. Museum
3. Kreis Stendal Land Kommisionsverlag Burg
4. Heimatkunde der Altmark, S. 106
Der Kreis Stendal
5. Hossfeldt - Hädtke
6. Materialien aus Heimatkundeunterricht
7. Kirchenchronik
- Gemeindepfarramt Rochau
8. Forschungsaufträge der PO und FDJ
9.
Persönliche Gespräche mit den Bürgern:
Paul Kretz, Otto Arndt, Kurt Greif, Otto
Behrends, Karl Ebert, Erich Amelung, Hilde Wenzel u.a.
10. Gründungsprotokolle der LPG`en
11. Protokolle von
Gemeindevertretersitzungen
12. Chroniken der Schule und Protokolle
des Pädagogischen Rates
13. Ortskonzeption der
Gemeindevertretung bis 2000